Kinderbuch

Koscheres Jahresendgeflügel

Das Buch steckt voller interessanter Merkwürdigkeiten. Foto: PR

Wer zur Aufbaugeneration der DDR gehörte, dort als Schriftsteller und überzeugter Kommunist zu Rang und Namen gekommen war, den hätte ein wenig irritiert, wenn er eines schönen Wintertages ein Bilderbuch mit einer wohlig warmen Chanukkageschichte vorgelegt bekommen hätte.

Eine ulkige Weihnachtsgeschichte, dekoriert mit unauffälligen Jahresendflügelfigürchen ging schon eher. Die Weihnachtsgans Auguste lautet der Titel des Bilderbuchs, das 1946 zum ersten Mal erschien, in der DDR populär wurde und voll interessanter Merkwürdigkeiten steckt.

löwenhaupt Friedrich Wolf hatte sich diese Geschichte ausgedacht, der, 1888 in Neuwied geboren, als kleiner Junge noch die »Israelitische Elementarschule« besucht hatte, dann statt Rabbiner Arzt mit dichterischen Ambitionen wurde, sich dem Kommunismus zu- und von der »israelitischen Religionsgemeinschaft« abwandte.

Der »Sinai-Brief« des geliebten Onkels Moritz, in dem dieser seinen Neffen auf dessen jüdische Pflichten hingewiesen hatte, konnte daran nichts mehr ändern. Spuren hinterlassen hatte der Brief aber offenbar doch. In Wolfs Geschichte finden sich immer wieder unübersehbare kleine jüdische Hinweise, angefangen beim Besitzer der Gans, dem Opernsänger Luitpold Löwenhaupt.

Im Buch entkommt Auguste der Bratenröhre. Sie schaffte es 1988 sogar ins DDR-Fernsehen, dargestellt von einem Ganter, der vergangenes Jahr im methusalemischen Alter von 25 Jahren starb und damit seinen Schöpfer um viele Jahre überlebte.

Friedrich Wolf starb 1953, sein Sohn Markus, Spionagechef der DDR, 2006. Onkel Moritz sowie alle Angehörigen, die es nicht – wie Friedrich Wolf mit seiner Familie – ins Exil geschafft hatten, wurden in der Schoa ermordet.

Friedrich Wolf: »Die Weihnachtsgans Auguste«. Illustriert von Willi Glasauer. Aufbau, Berlin 2014, 32 S., 14,99 €

Hollywood

Kurioser Kriminalfall

Ihr gemeinsamer Film »Murder Mystery 2« ist ab morgen bei Netflix zu sehen

 30.03.2023

Glosse

Nisht keyn joke

Warum Alpenjiddisch endlich Umgangssprache für alle Menschen auf der Welt werden sollte

von Beni Frenkel  30.03.2023

USA

Seinfelds Jubiläum im New Yorker Beacon Theater

Kein Comedian hatte in der legendären Einrichtung mehr Shows als er

 30.03.2023

Serie

Der Kopf als Rührschüssel

Taffy Brodesser-Akners Bestseller über Midlife-Krisen in New York wurde verfilmt – zum Glück!

von Sophie Albers Ben Chamo  30.03.2023

Tagung

Zum Auflehnen verpflichtet?

Was Widerstand aus den Blickwinkeln der Philosophie, Geschichte, Religion und des Rechts bedeutet

von Heinz-Peter Katlewski  30.03.2023

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 29.03.2023

Berlin

Staatsoper Berlin mit Saison nach Barenboim

Als Dirigent ist er weiterhin beteiligt. Für einige Konzerte ist er eingeplant

von Gerd Roth  29.03.2023

Glosse

Über Charlie Chaplin und andere Scheinjuden

Wie konnte sich die Geschichte von Chaplins Jüdischsein so lange halten?

von Joshua Schultheis  28.03.2023

Studie

Der Chili-Junge

Wie ein Elfjähriger mit einer einzigartigen Genmutation zum Hoffnungsträger in der Schmerzforschung wurde

von Lilly Wolter  28.03.2023