Schoa

Kein »Überleben unter Wölfen«

»Überleben unter Wölfen« in französischer Übersetzung Foto: dpa

Eine nichtjüdische Autorin, die mit einer gefälschten Holocaust-Autobiografie Weltruhm erlangte, muss ihrem Verleger 22,5 Millionen Dollar (etwa 16,3 Millionen Euro) zurückzahlen. Dazu hat ein US-Gericht die 76-jährige Belgierin Misha Defonseca verurteilt, die in Wirklichkeit Monique Ernestine Josephine de Wael heißt und in Massachusetts lebt. Ihr Buch Überleben unter Wölfen wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Es erschien 1997 und wurde 2007 in Frankreich erfolgreich verfilmt.

Die Lüge wurden offenbar, als Forscher keinen Nachweis für Defonsecas Familie in Schoa-Archiven finden konnten. 2008 räumte die Belgierin ein, die Geschichte frei erfunden zu haben. In Überleben unter Wölfen behauptete sie, ihre Eltern seien 1941 von der Gestapo deportiert worden. Sie selbst habe die Schoa überlebt, weil sie als achtjähriges jüdisches Mädchen im Wald von einem Rudel Wölfe aufgenommen wurde.

Realität Medienberichten zufolge wurde Monique de Wael dagegen in eine katholische Familie hineingeboren. Ihre Eltern sollen tatsächlich von der Gestapo festgenommen worden sein. Als Waise habe sie sich ein Leben fern von den Menschen gewünscht – so sei die Geschichte mit den Wölfen entstanden, sagte die Belgierin zu ihrer Rechtfertigung. Die Verhaftung ihrer Eltern und die strenge Behandlung durch den Onkel, der sie aufzog, hätten sie veranlasst, »jüdisch zu fühlen«. Die Geschichte sei ihre Art der Realität und des Überlebens.

Vor mehreren Jahren hatten Misha Defonseca und ihre Ghostwriterin einen Prozess gegen die Mount Ivy Press und deren Gründer Jane Daniel gewonnen, der ihnen ihrer Ansicht nach Profite aus dem Verkauf von Überleben unter Wölfen vorenthielt. Damals wurden ihnen 32,4 Millionen Dollar zugesprochen. Nun müssen sie davon 22,5 Millionen an den Verlag zurückzahlen. Die Niederlage vor Gericht hatte diesen dazu gebracht, die Widersprüche in der Geschichte seiner Autorin selbst zu recherchieren. jta/ja

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  12.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat nennt Ausladung Shanis »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht alleine!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Genf befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025

Film

»Honey Don’t!«

Im zweiten Teil der »queeren B-Movie-Trilogie« von Ethan Coen ermittelt Margaret Qualley als lesbische Privatdetektivin in einer Mordserie

von Jannek Suhr  11.09.2025

Cancel Culture

»Die beste Waffe ist weiterzumachen«

Anti-Israel-Kampagnen führen zunehmend auch zum Cancelling von Künstlern. Der Musiker David Hermlin sagt, er erlebe es gerade in der Swing-Szene. Ein Gespräch über offenen Hass und wie man damit umgeht

von Sophie Albers Ben Chamo  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025