Podcasts

Juden und andere Abenteurer

Auf ein Wort! Foto: Getty Images/iStockphoto

Podcasts

Juden und andere Abenteurer

Die Auswahl an Formaten wächst stetig – ob historisch oder gegenwärtig, religiös oder säkular, ernst oder augenzwinkernd

von Eugen El  17.06.2021 09:16 Uhr

Der Titel klingt sperrig. »Abenteuerliche Juden. Und alle anderen abenteuerlichen Leute auch« heißt der neue Podcast der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, der seit Ende Mai zu hören ist. Angekündigt wird er mit der Wortneuschöpfung »Mischpokast«. Dass hier Mischpoke und Podcast miteinander verschmelzen, verwundert nicht, ist doch der augenzwinkernd-kreative Umgang mit Sprache ein Steckenpferd des Moderators Dmitrij Kapitelman.

Für seinen Mischpokast trifft der umtriebige Journalist und Bestsellerautor acht jüdische und nichtjüdische Gäste und spricht mit ihnen über Abenteuer vor, während und nach der Corona-Pandemie. Erster Gast war die Schriftstellerin Nele Pollatschek. In der aktuellen Folge trifft Kapitelman Makkabi-Präsident Alon Meyer. Die Gäste sind so abwechslungsreich, wie das jüdische Leben in Deutschland vielfältig ist – was die Gespräche miteinander verbindet: Jede Folge ist eine große Überraschung im besten Sinne und also absolut hörenswert.

neuland Mit ihrem Mischpokast betritt die Frankfurter Gemeinde aber keineswegs Neuland. An deutschsprachigen Hörabenteuern zu jüdischen Themen mangelt es zum Glück schon länger nicht mehr. So zählt der Podcast Machloket & Mischpoke des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks (ELES) inzwischen 15 Folgen mit so illustren Gästen wie Alan Posener, Atina Grossmann und Anastassia Pletoukhina. Die jüngste Folge stellt Leben und Werk des ELES-Namensgebers vor, der Vermittler zwischen den Welten und als deutsch-schweizerischer Judaist insbesondere Vermittler zwischen den – verschiedenen religiösen und akademischen – Welten war.

Zum Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« startete ELES außerdem den Podcast Schabbat Schalom. Jeden Freitag stellen aktuelle und ehemalige Stipendiaten des Studienwerks kurze Texte aus der jüdischen Tradition vor und interpretieren sie. Unlängst sprach etwa Chawwah Grünberg über einen Text von Martin Buber, zuletzt dachte Dow Glikman über die Ankunft des Messias nach.

Schon jetzt ist für fast jeden Hörgeschmack etwas dabei.

Die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der jüdisch-muslimischen Beziehungen steht im Fokus des Podcasts Mekka und Jerusalem der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg (HfJS). So beschäftigt sich die siebte Folge mit den jüdisch-muslimischen Verflechtungen in der Philosophiegeschichte. Zusätzliche Aktualität hat das unlängst veröffentlichte, englischsprachige Mekka und Jerusalem-Gespräch zu den muslimisch-jüdischen Beziehungen in Israel, Deutschland und den USA erhalten.

audioformat Was das immer beliebtere Audioformat leisten kann, demonstriert der seit Januar wöchentlich erscheinende, ebenfalls dem Festjahr gewidmete #2021JLID-Podcast. Die Moderatoren Mirna Funk, Shelly Kupferberg und Miron Tenenberg sprechen darin mit ihren Gästen über jüdisches Leben in Deutschland. Und sie tun es überraschend offen und persönlich, jenseits der manchmal ebenso üblichen wie ärgerlichen Floskeln. Kurzum, sie reden Tacheles!

Der Pianist Igor Levit offenbart sich geradezu und lässt die Hörer an seiner Entwicklung als Mensch, Künstler und Zeitgenosse teilhaben. Die Frankfurter Museumsdirektorin Mirjam Wenzel nimmt uns unter anderem ins Berlin der 90er-Jahre mit, während ihre Berliner Kollegin Hetty Berg einen frischen Blick auf die heutige Hauptstadt wirft und ebenfalls über ihr Verständnis der Museumsarbeit spricht. Faszinierend ist es auch, zu hören, wie OFEK-Geschäftsführerin Marina Chernivsky über ihre Biografie zwischen Lwiw, Israel und Berlin nachdenkt. Mirna Funks Gespräch mit der Malerin Anna Nero sprengt wiederum sämtliche Genregrenzen.

Es ist ebenso erstaunlich wie erfreulich: Die Auswahl an deutschsprachigen Podcasts zu jüdischen Themen wächst stetig. Ob historisch oder gegenwärtig, religiös oder säkular, ernst oder augenzwinkernd – schon jetzt ist für fast jeden Hörgeschmack etwas dabei.

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  20.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  20.11.2025

Kino

»Fast ein Wunder«

Das israelische Filmfestival »Seret« eröffnete in Berlin mit dem Kassenschlager »Cabaret Total« von Roy Assaf

von Ayala Goldmann  20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

»Jay Kelly«

In seichten Gewässern

Die neue Netflix-Tragikomödie von Noah Baumbach startet fulminant, verliert sich dann aber in Sentimentalitäten und Klischees

von Patrick Heidmann  20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  20.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. November bis zum 27. November

 20.11.2025

»Lolita lesen in Teheran«

Klub der mutigen Frauen

Der Israeli Eran Riklis verfilmt die Erinnerungen der iranischen Schriftstellerin Azar Nafisi an geheime Literaturtreffen in Teheran – mit einem großartigen Ensemble

von Ayala Goldmann  20.11.2025