Wuligers Woche

Judäische Volksfront, Ortsverein Berlin

Neues aus dem linken deutsch-israelischen Biotop

von Michael Wuliger  09.05.2017 21:33 Uhr

Im Gründen von Vereinen ist die Linke Spitze. Foto: Screenshot

Neues aus dem linken deutsch-israelischen Biotop

von Michael Wuliger  09.05.2017 21:33 Uhr

Politisch hat die radikale Linke noch nie etwas von Dauer zustande bekommen. Aber in einem ist sie Spitze: im Gründen von Vereinen. Kein Tag, an dem sich nicht irgendwo eine neue linke Sekte konstituiert. Beim Verfassungsschutz ist wahrscheinlich ein Beamter ausschließlich damit befasst, das Verzeichnis linksextremer Klein- und Kleinstorganisationen stets auf dem aktuellen Stand zu halten.

Seit 14 Tagen gibt es jetzt einen besonders lustigen Neuzugang: die »Jüdische Antifaschistische Aktion Berlin«. Ins Leben getreten ist sie – wie es sich traditionell für Linke gehört – mit einem Manifest. Die literarische Qualität des großen Vorbilds von Marx und Engels erreicht die programmatische Erklärung des neuen Vereins allerdings nicht.

Schrecken Das Kommunistische Manifest von 1848 beginnt mit den inzwischen geflügelten Worten »Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus« und führt stolz die Gegner auf, die man bereits in Furcht und Schrecken wähnt: »Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd verbündet, der Papst und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten.«

Bei der Jüdischen Antifa Berlin fallen die Feinde ein paar Nummern kleiner aus: »Wir, jüdische Linke, vor allem Migrant_innen aus Israel, sind systematischer Gewalt seitens der deutschen Linken ausgesetzt, die vorgeben, Israel zu lieben. Wir sehen uns mit Versuchen der Delegitimierung, Dämonisierung, Ausschließung und gar Pathologisierung konfrontiert. Es kommt zu vermehrten Ausschließungen auf dem Arbeitsmarkt, ebenso aus gemeinschaftlichen Strukturen, zu Streichungen vormals zugesagter institutioneller Unterstützungen.«

In anderen Worten: Alle sind gemein zu uns. Wir kriegen keine Jobs und keine öffentliche Kohle! Revolutionäre Kampfaufrufe sehen anders aus. Aber immerhin beweist der Text, dass die Gruppe authentisch jüdisch ist: Im Kvetchen über tatsächliche oder eingebildete Ungerechtigkeiten sind wir Kinder Israels unübertroffen.

befreiung Der Phalanx der Feinde zum Trotz hat die Jüdische Antifa dennoch bereits ein machtvolles Zeichen gesetzt: Bei der Revolutionären 1.-Mai-Demo in Berlin trat sie mit einem eigenen Block an. Nun ja, Block ist zu viel gesagt. Es handelte sich, den Fotos auf der Facebook-Seite des Vereins nach zu urteilen, um gerade einmal 15 Nasen, dafür mit einem großen Transparent: »Decolonise Palestine – Decolonise yourself«.

Zweifellos echte Israelis: Wie viele ihrer Landsleute in Berlin können sie kein Deutsch. Die Bilder der Demonstranten waren mit schwarzen Balken im Gesicht anonymisiert, denn, so das Manifest, »das Ausspionieren linker Organisationen gehört zur offiziellen Politik des Staates Israel«. Hinweis an die Frau mit den pink gefärbten Haaren: Ich habe dich trotzdem sofort erkannt. Den klandestinen Kampf müsst ihr noch üben, Genoss_innen!

Marx und Engels haben übrigens die »Jüdische Antifaschistische Aktion Berlin« vorausgeahnt. Im Kommunistischen Manifest verspotten sie Leute, die ihre »unbeholfenen Schulübungen so ernst und feierlich nehmen und so marktschreierisch ausposaunen«. Mit linken Sekten kannten die Klassiker sich aus.

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  28.03.2024

Sachbuch

Persönliches Manifest

Michel Friedman richtet sich mit seinem neuen Buch »Judenhass« bewusst an die allgemeine Öffentlichkeit, er appelliert aber auch an den innerjüdischen Zusammenhalt

von Eugen El  28.03.2024

USA

Daniel Kahneman ist tot

Der Wissenschaftler Daniel Kahneman kombinierte Erkenntnisse aus Psychologie und Ökonomie

 28.03.2024

Bildung

Kinderbuch gegen Antisemitismus für Bremer und Berliner Schulen

»Das Mädchen aus Harrys Straße« ist erstmals 1978 im Kinderbuchverlag Berlin (DDR) erschienen

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Kultur

Über die Strahlkraft von Europa

Doku-Essay über die Theater-Tour von Autor Bernard-Henri Levy

von Arne Koltermann  26.03.2024

Projekt

Kafka auf Friesisch

Schüler der »Eilun Feer Skuul« in Wyk auf Föhr haben ihre friesische Version des Romans »Der Verschollene« vorgestellt

 25.03.2024

Berlin

Hetty Berg als Direktorin des Jüdischen Museums bestätigt

Ihr sei es gelungen, die Institution »als Leuchtturm für jüdisches Leben« weiterzuentwickeln, heißt es

 25.03.2024

Judenhass

Wie der Historikerstreit 2.0 die Schoa relativiert

Stephan Grigat: Der Angriff auf die »Singularität von Auschwitz« kommt nun von links

 25.03.2024