EILMELDUNG! Medienberichte: Terroranschlag auf Chanukka-Feier in Australien

Partei-Buch

Joseph und seine Brüder

Ein Opfer? Erich Honecker Foto: imago

Ob einer die Juden mag oder nicht, in beiden Fällen will er nicht Antisemit genannt werden. Weil dieses böse Wort seiner Meinung nach viel zu oft zu hören ist, wenn es um die DDR, geht, hat Detlef Joseph, von 1961 bis 1991 Juraprofessor an der Berliner Humboldt-Universität, eine »kritische Untersuchung« verfasst. Gleich im ersten Satz erfährt man, wo’s langgeht: Joseph glaubt zu wissen, »dass der seinerzeitige Bundesjustizminister Klaus Kinkel (FDP) 1991 den bundesdeutschen Richtern den Auftrag erteilte, mit ihrem Wirken die DDR zu delegitimieren«. Die Vorstellung, ein Minister befehle seinen Richtern etwas, die das alle befolgten, worauf die gesamte Wissenschaft und Gesellschaft so dächte – die wenigen Dissidenten würden mit Berufsverbot belegt –, ist offensichtlich wahnhaft.

Joseph hat sich ursprünglich über die Ausstellung »Das hat’s bei uns nicht gegeben« aufgeregt, die Antisemitismus in der DDR zeigt. Nur in wenigen Ausnahmen ist Joseph bereit zu konzedieren, dass die stets guten Absichten der DDR-Oberen bei den Unteren nicht richtig ankamen. Das Gute der DDR erkennt Joseph bereits bei Marx und Engels. Mit Verve wirft er sich auf Edward Silberners Studie Sozialisten zur Judenfrage von 1954, dem er die Verkürzung von Marx-Zitaten nachweist. Und mit der Verstocktheit eines abgewickelten DDR-Professors betont er immer wieder, dass die Kommunisten die eigentlichen Opfer des Nationalsozialismus gewesen seien. Schließlich seien in der »Reichstagsbrand-Verordnung« von 1933 nur die Kommunisten erwähnt worden, nicht die Juden.

Das jüdische Leben in der DDR schildert Joseph, als habe ihm das Staatssekretariat für Kirchenfragen die Hand geführt: Hier wurden Gelder bewilligt, da wurde ein Friedhof restauriert, dort gab es ein hochrangiges Treffen – eine blühende Landschaft. Zur antizionistischen, das Existenzrecht Israels praktisch negierenden DDR-Politik fällt Joseph als Gegenargument nur ein, dass doch das Meyers Lexikon der DDR ganze drei Druckseiten zu Israel hatte!

kirchners liste Es wimmelt in Josephs Buch von solchen »Beweisen«, und wie sehr Autor und Verlag von deren argumentativer Kraft überzeugt sind, zeigt sich im Anhang. Da hat Renate Kirchner eine, wie der Verlag schreibt, »geradezu sensationelle« Liste erstellt, nämlich eine Bibliografie zu »Jüdisches in Publikationen aus DDR-Verlagen 1945–1990«. Dass hier die DDR schon 1945 ausgerufen wurde, stellt nur die geringste Irritation dar. Die Fleißarbeit will mit der bloßen Notation von über 1.000 Titeln nachweisen, dass es in dem Land, das solche Bücher hatte, keinen Antisemitismus geben konnte.

Als wäre das nicht kurios genug, so irritieren manche Bücher, die aufgenommen wurden, umso mehr. Das gewiss verdienstvolle Braunbuch von 1965 über NS-Verbrecher in der BRD in der Rubrik »Jüdisches« laufen zu lassen, ist zumindest gewagt. Auch Thomas Manns DDR-Ausgabe von Joseph und seine Brüder, Johannes R. Bechers Abschied, Joseph Roths Radetzkymarsch und sogar der Umstand, dass Lessings Nathan der Weise in der DDR erschienen ist, gelten als Argumente gegen die Behauptung, hier habe es Antisemitismus gegeben. Vollends kurios ist aber die Aufnahme von Titeln wie Libanon heute oder Der Aufstand der Steine. Yasser Arafat, die PLO und Palästina. Und zu dem gleichfalls als »Jüdisches« gelisteten Werk Von der Geschichte zum Scheitern verurteilt. Israel paktiert mit Rassisten und reaktionären Regimes fällt dem Rezensenten wirklich nichts mehr ein.

Detlef Joseph: Die DDR und die Juden. Eine kritische Untersuchung. Das Neue Berlin, Berlin 2010, 400 S., 19,95 €

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  14.12.2025

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

von Christiane Oelrich  12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025