Genetik

Jeder leidet anders

Machen Schäden an den Synapsen ihn unglücklich? Foto: imago

Millionen Menschen leiden an Depressionen. Bisher ging man davon aus, dass ein Mangel des »Glückshormons« Serotonin ursächlich für die quälende Gemütsverstimmung sei. Moderne Antidepressiva vom Typ der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sollen die Verfügbarkeit dieses Botenstoffs im Gehirn erhöhen, indem sie die entsprechenden Synapsen blockieren. Genetiker an der Universität Tel Aviv haben nun herausgefunden, dass Schäden an den Synapsen selbst die Hauptursache für depressive Episoden sein könnten.

David Gurwitz, der die Studie an der Medizinischen Fakultät der Universität Tel Aviv gemeinsam mit Noam Shomron durchgeführt hat, merkt dazu an, dass »die meisten Antidepressiva-Studien heutzutage mit der Annahme arbeiten, dass Serotoninmangel für die schweren Verstimmungen verantwortlich ist. Wir hingegen betrachteten alle Gene des menschlichen Genoms und wollten sehen, welche dieser Gene durch die Einnahme der Medikamente beeinflusst werden.«

Biomarker Gurwitz und Shomron setzten Zelllinien von 80 israelischen Bürgern drei Wochen lang dem Medikament Paroxetin aus – so lange dauert es üblicherweise, bis ein Antidepressivum beim Patienten wirkt. Einige Zelllinien reagierten stärker auf das Paroxetin, einige weniger stark. Bei denen, die kaum auf das Medikament reagierten, fanden die Forscher eine erhöhte Produktion eben jenes Gens CHL1. Die Schlussfolgerung: Dieses Gen könnte als »Biomarker« dienen, ob jemand überhaupt auf Antidepressiva anspricht. CHL1 war in der Vergangenheit nicht mit Depressionen in Verbindung gebracht worden.

Ein weiteres Ergebnis: Paroxetin ließ in den Zelllinien das Gen ITGB3 entstehen, das ein Protein produziert, welches für die Entstehung von Neuronen und Synapsen zuständig ist. Daraus folgern die Forscher, dass SSRI möglicherweise gar nicht einfach nur den Serotoninspiegel erhöhen, sondern dadurch wirken, dass sie geschädigte Synapsen reparieren.

Mit dieser revolutionären These könnte sich auch der Markt für Antidepressiva verändern. Bisher wurden Antidepressiva nach dem Trial-and-Error-Verfahren verschrieben: Manche wirken, manche können im schlimmsten Fall eine gegenteilige Wirkung entfalten. Trifft die These der israelischen Forscher zu, dann könnte zukünftig eine simple Blutuntersuchung schnellen Aufschluss über eine wirksame Behandlungsweise geben. Patienten könnten dann »maßgeschneiderte« Antidepressiva erhalten. ja

Nürnberg

»Tribunal 45«: Ein interaktives Spiel über die Nürnberger Prozesse

Darf man die Nürnberger Prozesse als Computerspiel aufarbeiten? Dieses Spiel lässt User in die Rolle der französischen Juristin Aline Chalufour schlüpfen und bietet eine neue Perspektive auf die Geschichte

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Sderot

Zweitägiges iranisches Filmfestival beginnt in Israel

Trotz politischer Spannungen will das Event einen Dialog zwischen Israelis und Iranern anstoßen

von Sara Lemel  24.11.2025

Genetik

Liegt es in der Familie?

Eierstockkrebs ist schwer zu erkennen. Warum ein Blick auf den Stammbaum nützen kann

von Nicole Dreyfus  23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Stefan Wimmer  23.11.2025

Aufgegabelt

Linsenpfannkuchen von König David

Rezept der Woche

von Jalil Dabit, Oz Ben David  22.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025