Wuligers Woche

Im Kino mit der AfD

Petr Bystron (AfD) vor dem Kino International Foto: dpa

Der hilflose Antifaschismus hieß ein 1967 erschienenes, zu APO-Zeiten viel gelesenes Buch von Wolfgang Fritz Haug. 50 Jahre später klingt der Titel wieder höchst aktuell. Hilflos, gelegentlich auch peinlich, sind viele der von medialem Getöse begleiteten »antifaschistischen« Unternehmungen dieser Tage.

Da ließ vergangenes Wochenende Berlinale-Chef Dieter Kosslick im Rahmen seines Festivals Roberta Grossmans Dokumentation Das Geheimarchiv im Warschauer Ghetto zeigen und verkündete: »Alle AfD-Mitglieder, alle Abgeordneten im Bundestag der AfD, werden kostenlos ins Kino dürfen. Von mir persönlich eingeladen.«

Einladung Natürlich folgten kaum AfD-Leute der freundlichen Einladung. Gerade einmal sechs Karten für die Vorstellung wurden bestellt. Ganz abgesehen davon, dass die Aktion nicht sonderlich originell war – schon im Januar hatte ein Provinzkino in Hachenburg (Westerwald) mit Schindlers Liste das Gleiche vorexerziert –, Kosslick wird wohl mit dieser Reaktion gerechnet haben.

Natürlich folgten kaum AfD-Leute der freundlichen Einladung.

Geschichte Wahrscheinlich war das auch der Sinn der Sache: »Seht her, die AfD drückt sich vor der deutschen Geschichte.« Eine sensationelle Erkenntnis, vergleichbar nur mit der, dass man nass wird, wenn es regnet.

Es kann natürlich auch sein, dass Dieter Kosslick ernsthaft geglaubt hat, nach der Filmvorführung würden Massen von AfD-Leuten tränenüberströmt das Unrechtmäßige ihres Tuns erkennen, auf der Stelle Abbitte leisten und reuevoll künftig den Weg zur politischen Besserung einschlagen. Doch so naiv kann nicht einmal ein Berlinale-Direktor sein.

Die Filmvorführung inklusive Freikarten für Rechte diente vor allem einem Zweck: Mit ihr konnte die Berlinale-Leitung, begleitet vom Applaus der wohlmeinenden Öffentlichkeit, ihre eigene moralische Überlegenheit dokumentieren. Politisch bewegt wurde dadurch nichts. Die AfD wird dadurch kein einziges Mitglied, keinen einzigen Anhänger und keine einzige Wählerstimme verloren haben.

Es war, dem Anlass entsprechend, eine Show. Und nicht einmal eine gute Show. Aber eine, die zur Berlinale passt.

Das traurige Spektakel des hilflosen Antifaschismus leider nicht.

Kinokasse Auch viele der beim Festival gezeigten und prämierten Filme schneiden dort weit besser ab als später an den Kinokassen. Gelegentlich hat man als unbedarfter Zuschauer den Eindruck, die Produktionen wollten nicht etwa ein Publikum erreichen, sondern dienten primär der Befriedigung der Macher und ihrer Claqueure.

Das ist nicht weiter schlimm, wenn es um Filme geht. Die landen dann im Spätprogramm der Öffentlich-Rechtlichen. Dumm nur, dass, wenn es um den neuen Rechtspopulismus geht, die Politik oft nicht viel klüger agiert.

Unter brausendem Beifall der eigenen Anhängerschaft werden AfD & Co. moralisch gebrandmarkt. Derweil wächst deren Zuspruch bei den Wählern stetig an.

Die Berlinale geht an diesem Sonntag zu Ende. Das traurige Spektakel des hilflosen Antifaschismus leider nicht.

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

 12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Literatur

Deutsch-Hebräischer Übersetzerpreis für Helene Seidler

Die Schriftstellerin wurde für die Übersetzung des Romans »Unter Freunden stirbt man nicht« von Noa Yedlin ausgezeichnet

 12.12.2025

Zürich

Protest gegen ESC-Teilnahme Israels: Nemo gibt Pokal zurück

Mit der Zulassung Israels verrate der Gesangswettbewerb seine Werte von »Einheit, Inklusion und Würde für aller Menschen«, so Nemo

 12.12.2025