Berlin

Humboldt-Universität weist Kritik zurück

Humboldt-Universität Foto: imago images/Schöning

»Wer ist Antisemit – eine philosophische Begriffserklärung« war das Thema einer Diskussionsveranstaltung an der Berliner Humboldt-Universität am Mittwochabend. Im Vorfeld war die renommierte Hochschule in die Kritik geraten. Denn als Hauptreferent war der emeritierte Leipziger Philosophieprofessor Georg Meggle eingeladen worden.

BDS Der 75-Jährige ist umstritten, weil er als scharfer Kritiker Israels und als Unterstützer der gegen den jüdischen Staat gerichteten BDS-Bewegung gilt. Meggle lehnt eine Gleichsetzung von Antizionismus mit Antisemitismus ab. Kritisch setzte er sich mit der »Arbeitsdefinition Antisemitismus« der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) auseinander, in der unter anderem das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, zum Beispiel durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen, oder das Anlegen höherer Standards an Israel im Vergleich zu anderen Ländern als Formen des Antisemitismus erwähnt werden.

In seinem Vortrag sprach Meggle sich dafür aus, die Definition von Antisemitismus enger zu fassen. »Antisemitismus ist Judendiskriminierung« war seine Prämisse.

Ihm widersprach der Wissenschaftstheoretiker Olaf Müller, dem die Methode Meggles zu schematisch war, da sie zu viele Fälle von Ausgrenzung außen vor lasse. Einig waren sich aber beide Philosophen, dass Antisemitismus ohne Wenn und Aber moralisch inakzeptabel sei.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Boykott Volker Beck zeigte sich »hochgradig irritiert«, dass ausgerechnet ein Mann, der zum Boykott des jüdischen Staates aufrufe, eingeladen wurde, um zu diesem Thema zu sprechen. Der ehemalige grüne Bundesabgeordnete und jetzige Lehrbeauftragte an der Uni Bochum hatte die Präsidentin der Humboldt-Universität, Sabine Kunst, im Vorfeld der Veranstaltung dafür kritisiert.

»Ich bin kein Freund von Auftrittsverboten und -boykotten. Aber beim Veranstaltungskonzept unwidersprochen oder gar affirmativ BDS-Befürworter auftreten zu lassen, halte ich für hochproblematisch« schrieb Beck in einer E-Mail an Kunst.

Meggle rede im Namen der Wissenschaftsfreiheit, habe aber in der Vergangenheit selbst »gegen Kunstfreiheit und für antiisraelische Auftrittsverbote« gekämpft.

Jerusalem Beck verwies auf einen Protest der BDS-Bewegung vor der Berliner Schaubühne 2011, in der das Theater aufgefordert wurde, eine »Hamlet«-Vorstellung in Jerusalem abzusagen – unter Verweis auf die angebliche »israelische Apartheidspolitik«.

Die Veranstalter des Diskussionsabends verteidigten die Einladung.

Die Stadtverwaltung von Jerusalem sei Teil der israelischen »Besatzungsmacht«, hieß es damals in einem Offenen Brief meherer BDS-Aktivisten an die Schaubühne-Direktion, welcher auch von Meggle unterzeichnet wurde. Sollte das Berliner Theater nach Israel reisen, mache es sich »zum Werkzeug der israelischen Hasbara-Politik, also der israelischen Regierungspropaganda«.

IHRA In seinem Schreiben an die Berliner Universitätspräsidentin verwies Volker Beck auch auf die Erklärung der Hochschulrektorenkonferenz vom vergangenen Herbst, in der sich die deutschen Universitätsleiter entschieden »gegen Antisemitismus in jeglicher Form«, einschließlich der BDS-Bewegung, ausgesprochen hatten.

In einer von der HRK-Mitgliederversammlung angenommenen Resolution hieß es, die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance IHRA biete »eine klare Grundlage zum Erkennen von Judenhass« und solle daher »an allen Hochschulstandorten etabliert« werden.

Die Veranstalter des Diskussionsabends verteidigten die Einladung. Eine Hauptaufgabe der Philosophie bestünde darin, Vorschläge zur Klärung strittiger Begriffe vorzubringen und kontrovers zu diskutieren. Weil der Konsens gegen den Antisemitismus für die deutsche Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist, sei der Austausch darüber nötig – und gerade auch die Philosophie gefragt.

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025