Robotik

Heuschrecken als Mikrofone

Keine Plage, sondern hilfreich Foto: Getty Images

Dr. Dolittle lässt grüßen. Wohl jeder kennt die Abenteuer des exzentrischen Arztes, der mit Tieren und sogar Pflanzen sprechen kann. Hugh John Lofting schuf vor rund 100 Jahren damit einen Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur. Mit anderen Lebewesen in direkte Kommunikation zu treten, stand zwar vielleicht nicht ganz oben auf der Agenda von Ben Maoz von der Abteilung für Biomedizinische Technik und der Sagol School of Neuroscience an der Universität Tel Aviv. Aber sein Projekt, das gerade weltweit Schlagzeilen macht, kommt der Sache schon recht nahe.

So konnten sein Team und er jetzt beweisen, dass sich die sensorischen Fähigkeiten von Insekten mit modernster Technik kombinieren lassen, wodurch die Grenze zwischen Maschine und Lebewesen ein wenig durchlässiger geworden ist. Es gelang ihnen, das Ohr einer Heuschrecke mit einem kleinen Roboter zu verbinden. Dadurch wurde das Gerät in die Lage versetzt, dank des Sinnesorgans eines toten Insekts Geräusche wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Zwar ist die Robotik schon lange biologisch inspiriert, indem unter anderem Prinzipien der tierischen Fortbewegung auf Maschinen übertragen werden – dieser Weg jedoch ist in vielerlei Hinsicht noch Neuland.

WAHRNEHMUNGSFÄHIGKEITEN Konkret sieht das Ganze so aus: Klatscht man einmal in die Hände, bewegt sich der Roboter vorwärts. Nimmt er dieses akustische Signal zweimal kurz hintereinander wahr, geht es rückwärts weiter. »Wir wollten einfach zeigen, was technisch alles möglich ist«, bringt der Wissenschaftler die Idee dahinter auf den Punkt. »Das ist der Beweis, dass Roboter dazu befähigt werden können, auf die Sinnesorgane von Tieren zurückzugreifen.« Ohren und Augen von Insekten könnten so eines Tages wie regelrechte Mikrofone oder Kameras eingesetzt werden.

All das beschreiben die Forscher als »wahnsinnig aufregend«. Vor allem deshalb, weil es Insekten in Hülle und Fülle gibt und Tierschützer kaum auf die Barrikaden gehen würden, sollten deren Körperteile eine neue Verwendung finden. »Wenn man genauer darüber nachdenkt, sind Insekten ganz fantastische Lebewesen«, erklärt Maoz geradezu euphorisch. »Zum einen sind sie winzig klein und sehr energieeffizient. Zum anderen verfügen Moskitos, Heuschrecken oder Ameisen über bemerkenswerte Erkennungs- und Wahrnehmungsfähigkeiten.«

KRANKHEITEN Bis dato konnten Wissenschaftler einige Erfolge bei der Verwendung von Haut oder Muskelgewebe von Tieren in Maschinen vermelden. »Aber noch nicht von Sinnesorganen«, betont Maoz. Ihm schweben zahlreiche Einsatzmöglichkeiten vor – nicht zuletzt deshalb, weil manche dieser Lebewesen über sensorische Fähigkeiten verfügen, wie sie keine Technik zu 100 Prozent nachzuahmen vermag. »Dass Tiere Sprengstoff oder Drogen aufspüren können, ist ja hinreichend bekannt. Was ich mir aber vorstelle, ist ein Roboter mit einer biologischen Nase, der menschliches Leben schützt oder womöglich sogar Kriminelle auf eine Art und Weise identifizieren kann, die heute noch nicht möglich ist.« So sind beispielsweise Hunde in der Lage, Krankheiten zu erschnüffeln. Andere Tiere haben eine Vorahnung, wenn sich ein Erdbeben ankündigt. »Wir können anfangen, einige dieser Fähigkeiten in unsere Techniken zu integrieren.«

Gleich zwei Herausforderungen haben die Forscher auf dem Weg zum Heuschreckenohr-Roboter gemeistert: Es gelang ihnen, sowohl eine Technologie zu konzipieren, die auf Signale reagieren kann, wie sie ein tierisches Sinnesorgan hervorbringt, als auch eine Methode zu entwickeln, die das Ohr eines toten Insekts künstlich am Leben erhält. Ein besonderes Gerät, »Ear-on-a-Chip« genannt, versorgt es die ganze Zeit mit Sauerstoff und Nahrung und leitet die Informationen aus dem Ohr an den Roboter weiter.

ANATOMIE Auch für die Wahl von Heuschrecken als »Organspender« gibt es eine einleuchtende Erklärung. Zum einen ist die Funktionsweise ihrer Ohren der von Säugetieren verblüffend ähnlich, zum anderen befinden sie sich anatomisch leicht zugänglich an den Vorderbeinen und sind darüber hinaus mit nur 45 Sinneszellen im Vergleich zu über 3600 beim Menschen ziemlich simpel aufgebaut.

Auch Kosten sind ein Argument. »Das Potenzial der Einsatzmöglichkeiten ist so riesig, dass man sich manche technische Entwicklung in der Robotik, die teuer und umständlich ist, einfach sparen kann.« Vielleicht werden Heuschrecken in naher Zukunft deshalb nicht länger nur mit biblischen Plagen in Verbindung gebracht, sondern gelten ebenfalls als kleine elektronische Helferlein.

Fußball

Mainz 05 und Ex-Spieler El Ghazi suchen gütliche Einigung

Das Arbeitsgericht Mainz hatte im vergangenen Juli die von Mainz 05 ausgesprochene Kündigung für unwirksam erklärt

 18.09.2025

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 18.09.2025

Berlin

Mut im Angesicht des Grauens: »Gerechte unter den Völkern« im Porträt

Das Buch sei »eine Lektion, die uns lehrt, dass es selbst in den dunkelsten Zeiten Menschen gab, die das Gute dem Bösen vorzogen«, heißt es im Vorwort

 17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Berlin

»Stärker als die Angst ist das menschliche Herz«

Die Claims Conference präsentiert in einem Bildband 36 Männer und Frauen, die während der Schoa ihr Leben riskierten, um Juden zu retten

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Auszeichnung

Theodor-Wolff-Preis an Journalisten vergeben

Der Theodor-Wolff-Preis erinnert an den langjährigen Chefredakteur des »Berliner Tageblatts«, Theodor Wolff (1868-1943)

 17.09.2025

Los Angeles

Barbra Streisand über Dreh mit Robert Redford: »Pure Freude«

Mit dem Klassiker »The Way We Were« (»So wie wir waren«) brachen die beiden Stars in den 70er-Jahren Millionen Herzen. Nach dem Tod von Redford blickt Hollywood-Ikone Streisand zurück auf den Dreh

von Lukas Dubro  17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Für Toleranz, Demokratie: Margot Friedländer Preis vergeben

Es ist die erste Preisverleihung nach dem Tod der Stifterin. Ausgezeichnet wird der Einsatz für die Ideale der im Frühjahr gestorbenen Holocaust-Überlebenden

 17.09.2025