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Ganz in Familie

Wie es im Champions-League-Spiel Real Madrid gegen den FC Bayern stand – diese Frage geriet bei der Eröffnung der 6. Deutsch-israelischen Literaturtage am Donnerstagabend in Berlin schnell in Vergessenheit.

Denn im Deutschen Theater ging es um etwas, das viel wichtiger ist als 22 Spieler und ein Ball. Getreu dem diesjährigen Motto beziehungsweise(n) des Festivals, das von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Goethe-Institut initiiert wurde, widmete sich der erste der insgesamt fünf Abende ganz der Familie.

Zwar wusste Ralf Fücks, Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung, um die, wie er sie nannte, »große Konkurrenz« auf dem Rasen, aber die beiden Stars, die israelische Autorin Lizzie Doron und der deutsche Schriftsteller Christopher Kloeble, waren mindestens so spannend wie Fußball.

Autobiografie Doron, 1953 in Tel Aviv geboren und in Jad Eliahu, einem Viertel, in dem viele Schoa-Überlebende wohnten, aufgewachsen, traf auf Kloeble, einen 29-jährigen Autor aus Bayern. Zwei Generationen, zwei unterschiedliche Vorstellungen von Familie, die sich schon während der Lesung abzeichneten.

Denn Lizzie Dorons autobiografisch gefärbter Roman Das Schweigen meiner Mutter handelt vom Suchen nach den eigenen Wurzeln. Kloebles Roman Unter Einzelgängern wiederum nähert sich dem Thema Familie auf tragikomische Weise. Und doch passte dieses Autorenpärchen mit dem nicht unerheblichen Alters- und Erfahrungsunterschied perfekt zusammen.

Die Literaturtage, die abwechselnd in Berlin und Tel Aviv stattfinden und laut Füchs »Neugier erwecken« möchten, seien schon fast so etwas wie eine Institution, sagte der Direktor der Böll-Stiftung in seinem Grußwort und betonte, dass durch die Lesungen ein Austausch »jenseits von Stereotypen« möglich werde. Allein mit »starken Thesen, holpriger Lyrik und wenig Sachkenntnis«, wie Fücks die Debatte um den Israel-Text von Günter Grass kommentierte, könne keine wirkliche Kommunikation zwischen Israel und Deutschland entstehen. Allerdings sei es auch »kompletter Stuss«, dass man Israel nicht kritisieren dürfe.

Familie Weil Geschichten um, von und über Familien in den vergangenen Jahren eine »regelrechte Renaissance« erlebt haben, wie die Moderatorin Shelly Kupferberg betonte, diskutierten die beiden Autoren über verlorene Väter, verzweifelte Mütter und darüber, wie unterschiedlich die Auffassungen in beiden Ländern seien. »Bei uns dreht sich alles um die Kinder«, sagte Doron, die selbst Mutter ist.

Das traditionelle Bild in Israel, mit 30 Jahren verheiratet zu sein und Kinder haben zu müssen, löse sich aber allmählich, vermutete die Autorin. Die jungen Menschen, gerade die, die in Tel Aviv lebten, wollten sich davon befreien und selbst entscheiden, wann sie heiraten und Eltern werden.

Ganz anders sei das in Deutschland. Kloeble, der seit Kurzem verlobt ist, habe den Eindruck, »dass sich gar nicht so wenig Menschen heiraten würden und sich auch nicht so viele scheiden lassen«. Er sieht Familie als Sicherheit, die immer da sei, wenn man sie bräuchte. Und deswegen würde er die »Neuerfindung der Familie«, eine Frage, die beide Autoren im Vorfeld des Abends beantworteten, auch seiner Mutter überlassen.

Die deutsch-israelischen Literaturtage dauern noch bis Sonntag, 29. April.

Andrea Kiewel

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