Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Russell Crowe und Rami Malek bei der Premiere von »Nuremberg« Foto: picture alliance / abaca

Ein zerbombtes Deutschland, ein Gefängnis voller NS-Kriegsverbrecher und ein geschichtsträchtiges Treffen: Der US-Militärpsychiater Douglas Kelley (Rami Malek) soll die geistige Zurechnungsfähigkeit des inhaftierten Hermann Göring (Russell Crowe) für die Nürnberger Prozesse beurteilen – und liefert sich mit ihm ein Psychoduell hinter Gittern. Regisseur James Vanderbilts packendes Drama »Nuremberg« hat am Sonntagabend (Ortszeit) beim 50. Toronto International Film Festival (TIFF) vor begeistertem Publikum Premiere gefeiert.

Der Film basiert auf Jack El-Hais Buch »Der Nazi und der Psychiater«. Neben Crowe und Malek sind auch Andreas Pietschmann als Rudolf Heß und Peter Jordan als Karl Dönitz zu sehen. Michael Shannon spielt den Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, Robert H. Jackson, mit Intensität. Newcomer Leo Woodall wiederum bleibt mit seiner emotionalen Darstellung eines Übersetzers in Erinnerung. 

Crowe, der für »Nuremberg« Deutsch lernte und im Film Englisch mit schwerem Dialekt spricht, sagte bei der Premiere in Toronto, dass ihn die Rolle enorm herausgefordert habe: »Wie spiele ich diese Balance zwischen Monster und Mensch?«

Charismatisch und arrogant

Crowes »Monster« ist meisterhaft. Sein Göring ist eine Figur voller Widersprüche: charismatisch, arrogant, stets auf der Suche nach Kontrolle. Dabei gelingt ihm das Porträt eines Mannes, der in der Lage ist, sein Publikum zu verführen, obwohl seine Verbrechen die Welt abschrecken.

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Maleks Kelley wiederum bleibt kühl, abwägend, ein Mann, der den Dämonen des 20. Jahrhunderts in die Augen sehen muss. Aus dieser Konstellation entsteht ein beklemmender Schlagabtausch. 

»Wir haben viel über ›Das Schweigen der Lämmer‹ gesprochen«, sagte Regisseur Vanderbilt. Tatsächlich erinnert die Dynamik zwischen Psychiater und Inhaftiertem an die Duelle von Hannibal Lecter und Clarice Starling. Das perfide Katz-und-Maus-Spiel führt zu einer gefährlichen Nähe zweier offensichtlich intelligenter Männer, die einander ausloten, reizen und manipulieren.

Indem Vanderbilt von wuchtigen Belehrungen und sentimentalen Klischees fernbleibt, gelingt es dem Regisseur, den Spannungsbogen zu halten, ohne dabei die Schwere der Nazi-Gräueltaten unter den Teppich zu kehren. Die NS-Verbrechen sind präsent, die Aufmerksamkeit liegt aber auf den Mechanismen hinter den Kulissen, denen selbst Kelley nicht vollständig entgeht. 

Denn auch wenn er Görings Skrupellosigkeit und Narzissmus erkennt, ist der Psychiater fasziniert von der Persönlichkeit. Eine seiner Erkenntnisse ist, dass die führenden Nazis eben keine psychisch gestörten »Monster« sind, sondern über eine Mischung aus Intelligenz, Ehrgeiz und normal wirkenden Charakterzügen verfügen – und genau deshalb so gefährlich sind.

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