NS-Geschichte

»Flashes of Memory« im Land der Täter

Die Ausstellung »Flashes of Memory« ist ab dem 24. März in Berlin zu sehen. Foto: Jüdische Allgemeine

Das Thema Holocaust kommt am 24. März ins Berliner Museum für Fotografie nahe des Bahnhofs Zoologischer Garten. Flashes of Memory, Fotografie im Holocaust heißt die Schau, die 2018 in Yad Vashem eröffnet wurde und nun erstmals in der Bundesrepublik zu sehen ist.

»Wir sind hier im Land der Täter«, erklärte Kai Diekmann, der Vorsitzende des Freundeskreises Yad Vashem, auf einer Pressekonferenz am Donnerstag. Die Aufgabe, die die gleichnamige israelische Gedenkstätte seiner Organisation stelle, liege darin, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten.

Entsetzen Die Ausstellung enthält Material, das betroffen macht, unabhängig davon, wie viele Holocaust-Bilder man zuvor gesehen haben mag. Nicht nur die vorhandenen Filmaufnahmen entsetzen den Betrachter. In Dachau beispielsweise waren Hunderte KZ-Insassen im Moment der Befreiung nur noch Haut und Knochen. Für einige von ihnen kam jede Hilfe zu spät. Sie starben aufgrund des über Jahre erlittenen Hungers, der Krankheiten und des Nazi-Terrors.

Harold Hersey, ein Fotograf des US Signal Corps, das an der Befreiung des KZ Dachau beteiligt war, hielt alles fest, inklusive der Toten, die zu Hunderten in Massengräber gelegt wurden. »So etwas haben wir noch nie gesehen, auch nicht im Krieg«, sagt er in einem Doku-Film, der Teil der Ausstellung ist. »Ich hoffe, dass alle Bilder, egal wie schrecklich und grausam, in allen Kinos der Vereinigten Staaten gezeigt werden. Jeder soll diese Beweise zu sehen bekommen.«

Es sind nicht allein die den Menschenhass und Massenmord dokumentierenden Bilder, die diese Ausstellung so wichtig machen, sondern auch die Kombination der Perspektiven. Die Opfer selbst trugen unter gefährlichen Bedingungen ebenfalls zur Dokumentation der schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte bei, während die Nazis ihre Kameras benutzten, um den Genozid und den Terror zu verharmlosen oder zu vertuschen.

Risiko »Da ich offiziell über eine Kamera verfügte, konnte ich die gesamte tragische Zeit im Ghetto Lodz festhalten«, sagte Henryk Ross im Jahr 1987, vier Jahre, bevor der Holocaust-Überlebende in Israel starb. »Mir war bewusst, dass meine Familie und ich gefoltert und getötet würden, wenn sie mich dabei erwischten.«

»Dies ist eine Ausstellung, die das erste Mal Yad Vashem verlassen hat«, erklärte Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, »und die dann in die Hauptstadt des Landes der Täter ging. Es ist wichtig, dass sie hier gezeigt wird.«

Die jüdische Perspektive sei besonders interessant, so Parzinger. Heimlich machten die Verfolgten demnach Fotos, auch unter Einsatz ihres Lebens, um das Menschheitsverbrechen, die Schoa, für die Nachwelt so zu dokumentieren, wie sie wirklich war.

Einblick Flashes of Memory gibt den Betrachtern laut Iris Rosenberg, der Direktorin für Internationale Beziehungen und Kommunikation bei Yad Vashem, einen wichtigen Einblick. In einer manchmal verwirrenden Welt, in der Fakten zu oft verdreht würden, sei dieser Einblick weiterhin relevant, sagte sie im Museum für Fotografie.

Auch Vivian Uria, die Kuratorin der Ausstellung, war zu deren Vorstellung in Berlin. Sie wies darauf hin, dass die Alliierten professionelle Fotografen auch in der Absicht einsetzten, Beweise für spätere Kriegsverbrecherprozesse zu sammeln, sowie für die Aufklärung und Bildung der deutschen Bevölkerung. Sie sollte sehen, was passiert war.

Die Ausstellung, die auch vom Volkswagen-Konzern unterstützt wird und bis zum 20. August andauert, soll auch aufgrund ihres Standortes im Berliner Museum für Fotografie ein Publikum an das Thema Erinnerung heranführen, das sich sonst eher nicht gezielt mit der Schoa beschäftigt.

Filmfestspiele

Gal Gadot wird zur Hassfigur in Venedig

In einem offenen Brief verlangen 1500 Unterzeichner die Ausladung der israelischen Schauspielerin von den Filmfestspielen. Doch die hatte offenbar nie die Absicht, nach Venedig zu kommen

von Nicole Dreyfus  27.08.2025

Atlanta

Woody Allen verteidigt Auftritt bei Moskauer Filmfestival

In einem CNN-Interview legt der Regisseur und Schauspieler dar, warum er an dem russischen Event teilnahm

 27.08.2025

Essay

Übermenschlich allzumenschlich

Künstliche Intelligenz kann Großartiges leisten. Doch nicht zuletzt die antisemitischen Ausfälle von Elon Musks Modell »Grok« zeigen: Sie ist nicht per se besser als ihre Schöpfer. Ein alter jüdischer Mythos wirft Licht auf dieses Dilemma

von Joshua Schultheis  27.08.2025

Archäologie

Vorform der Landwirtschaft: Steinsicheln für die Getreideernte

Funde aus einer Höhle in Zentralasien stellen Annahmen zur Entstehung der Landwirtschaft infrage. Offenbar liegen deren Ursprünge nicht nur in der Region Vorderasien, die auch das heutige Israel umfasst

von Walter Willems  26.08.2025

Digital

Initiative von Heidelberger Hochschule: Neuer Podcast zum Judentum

»Jüdische Studien Heute« als Podcast: Das neue Angebot der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg will alle zwei Wochen Forschungsthemen aufgreifen und Einblicke in die jüdische Lebenswelt bieten

von Norbert Demuth  26.08.2025

Zahl der Woche

1902

Fun Facts und Wissenswertes

 26.08.2025

TV-Tipp

»Barbie« als TV-Premiere bei RTL: Komödie um die legendäre Puppe

Im ersten Realfilm der 1959 von Ruth Handler erfundenen Puppe ist Barbieland eine vor Künstlichkeit nur so strotzende Fantasie

von Michael Kienzl  26.08.2025

Nominierungen

Grimme Online Award: Nahost-Konflikt und deutsche Geschichte im Fokus

In den vier Kategorien kann die Jury des Grimme Online Awards aus den 25 Nominierten bis zu acht Preisträger auswählen

 26.08.2025

Berlin

Götz Aly: Kaum Parallelen zwischen 1933 und heute

Wie konnten die Deutschen den Nazis verfallen und beispiellose Verbrechen begehen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Historiker in seinem neuen Buch. Erkennt er Parallelen zu heute?

von Christoph Driessen  26.08.2025