Medizin

Fisch gegen Qualm

Wenn Fische rauchen würden, könnten sie es sich mit körpereigenen Mitteln wieder abgewöhnen, Foto: Montage: Marco Limberg

Zigaretten stinken. Erst vor wenigen Monaten wurde deshalb einem Mieter in Düsseldorf nach 40 Jahren die Wohnung gekündigt. Sein Tabakrauch habe die Nachbarn nachhaltig belästigt, hieß es in der Begründung des dortigen Landgerichts.

Doch schlechte Gerüche können auch Positives bewirken. Denn wer im Schlaf zuerst dem Geruch von Nikotin und anschließend der ganz spezifischen Aromawolke von faulen Eiern oder Fischen ausgesetzt wird, dem scheint danach die Lust auf die kleinen Sargnägel ganz offensichtlich zu vergehen.

Zu diesem Ergebnis kam jüngst eine Gruppe israelischer Wissenschaftler der Neurobiologischen Abteilung des Weizmann-Instituts in Rehovot. Sie hatten 66 Freiwillige, die gerne mit dem Rauchen aufhören wollten, es aber nie zuvor ernsthaft versucht hatten, nachts mit beiden Gerüchen traktiert. »Obwohl sich keine der Versuchspersonen am nächsten Morgen mehr an den Gestank erinnern konnte, verringerte sich ihr Tabakkonsum schon in der darauffolgenden Woche deutlich – und zwar um bis zu 30 Prozent«, berichtet Anat Arzi, die Leiterin der Studie. »Wer dagegen im wachen Zustand mit diesen Gerüchen konfrontiert wurde, der zeigte keinerlei Veränderung seines Rauchverhaltens.« Gleiches galt auch für diejenigen, die nachts ausschließlich den Rauch von Zigaretten und nichts anderes eingeatmet hatten.

laster Dabei ging es den israelischen Wissenschaftlern ursprünglich gar nicht darum, nach einer neuen Methode zur Nikotinentwöhnung zu suchen. »Wir sind noch weit davon entfernt, sagen zu können, dass wir nun einen Weg gefunden haben, wie man quasi im Schlaf sein Laster einfach in den Griff bekommt und aufhört. Dafür bedarf es auf jeden Fall weiterer Forschungen«, relativiert Arzi die Ergebnisse. »Uns kam es darauf an, zu zeigen, dass man Menschen, während sie schlafen, relativ einfach konditionieren kann. Das wiederum führt zu greifbaren Verhaltensveränderungen.«

Geruch bietet sich als Entwöhnungsmittel aus einem ganz simplen Grund an. »Egal, wie ekelhaft dieser ist, man wird nicht davon wach.« Gleich den berühmten Pawlowschen Hunden, kann das Gehirn durch assoziative Konditionierung im Schlaf gezielt trainiert werden, einen bestimmten Reiz – in diesem Fall den Gestank verfaulter Lebensmittel – mit einem anderen, dem Geruch von Zigaretten, in Verbindung zu bringen. Wichtig für das Ergebnis waren die Frequenz sowie der Zeitpunkt, an dem die Testpersonen den Gerüchen ausgesetzt waren – und zwar in der sogenannten Phase 2, gemeinhin als »leichter Schlaf« bezeichnet. Herzschlag und Körpertemperatur sind dann relativ niedrig.

fettsäuren Fische spielen auch bei einer weiteren Nikotinentwöhnungsstudie aus Israel eine Rolle, wenngleich sie dort weit weniger geruchsintensiv ist. Forscher des Kriminologischen Instituts der Universität Haifa sowie des psychopharmazeutischen Labors der Bar-Ilan-Universität bei Tel Aviv haben auf einen Wirkstoff zurückgegriffen, den viele bereits als Nahrungsergänzungsmittel kennen: die im Fischfett enthaltenen Omega-3-Säuren. Ihre Studie untersucht den Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und der Abnahme des Pegels bestimmter Fettsäuren sowie den Folgen für die Nervenzellen, die sich daraus ergeben.

»Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind besonders wichtig für unser Wohlbefinden sowie für das Belohnungs- und Entscheidungszentrum im Gehirn. Sie stehen daher unmittelbar in einem Zusammenhang mit dem Suchtverhalten«, erläutert Versuchsleiterin Scharon Rabinowitz-Schenkar ihren Ansatz. »Ein Mangel an Omega-3 macht es jedem, der aufhören will, weitaus schwerer, die Finger von der Zigarette zu lassen«, so die Wissenschaftlerin aus Haifa. Sie verweist auf frühere Untersuchungen, die bewiesen haben, dass ein Omega-3-Defizit auch zu Depressionen und geringer Stressresistenz führen kann. »Aber Druck und Stress sind genau dann mit im Spiel, wenn man sich von seiner Sucht verabschieden möchte«, weiß nicht nur Rabinowitz-Schenkar zu berichten, sondern wohl jeder, der irgendwann einmal beschlossen hat, mit dem Rauchen aufzuhören.

versuchsreihe Rabinowitz-Schenkar und ihr Team testeten ihre Theorie an 48 Personen, die im Durchschnitt auf elf Jahre Raucherkarriere zurückblicken konnten und im Schnitt rund 14 Zigaretten am Tag qualmten. Diese wurden willkürlich in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine erhielt fünfmal am Tag über den Zeitraum von einem Monat eine Kapsel mit 950 Milligramm Omega-3, die zweite bekam lediglich Placebos verabreicht.
Schon nach dieser kurzen Phase verspürten die Probanden, die Omega-3 zu sich nahmen, weniger Lust auf Tabak und reduzierten ihren Konsum um durchschnittlich zwei Zigaretten pro Tag.

»Das ist eine Abnahme von immerhin elf Prozent, und zwar ohne dass jemand sie dazu aufgefordert hätte, ihr Rauchverhalten zu verändern«, berichtet Rabinowitz-Schenkar. »Ihr Drang nach der Zigarette hielt sich sogar im Zaum, als wir ihnen Bilder präsentierten, die das Rauchen in einem positiven Kontext zeigten.« Zwei Stunden hielten die Teilnehmer problemlos aus, ohne sich eine Zigarette anstecken zu müssen. »Selbst wer nicht unbedingt komplett aufhören will, kann mithilfe der Einnahme von Omega-3 seine Sucht wenigstens etwas zügeln und raucht weniger«, lautet das Fazit der Forscherin.

Kulturkolumne

Was bleibt von uns?

Lernen von John Oglander

von Sophie Albers Ben Chamo  25.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Jüdische Kulturtage

Musikfestival folgt Spuren jüdischen Lebens

Nach dem Festival-Eröffnungskonzert »Stimmen aus Theresienstadt« am 14. Dezember im Seebad Heringsdorf folgen weitere Konzerte in Berlin, Essen und Chemnitz

 25.11.2025

Hollywood

Scarlett Johansson macht bei »Exorzist«-Verfilmung mit

Sie mimte die Marvel-Heldin »Black Widow« und nahm es in »Jurassic World: Die Wiedergeburt« mit Dinos auf. Nun lässt sich Scarlett Johansson auf den vielleicht düstersten Filmstoff ihrer Laufbahn ein

 25.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  24.11.2025

Nachruf

Das unvergessliche Gesicht des Udo Kier

Er ritt im Weltall auf einem T-Rex, spielte für Warhol Dracula und prägte mit einem einzigen Blick ganze Filme. Udo Kier, Meister der Nebenrolle und Arthouse-Legende, ist tot. In seinem letzten Film, dem Thriller »The Secret Agent«, verkörpert er einen deutschen Juden

von Christina Tscharnke, Lisa Forster  24.11.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Nürnberg

»Tribunal 45«: Ein interaktives Spiel über die Nürnberger Prozesse

Darf man die Nürnberger Prozesse als Computerspiel aufarbeiten? Dieses Spiel lässt User in die Rolle der französischen Juristin Aline Chalufour schlüpfen und bietet eine neue Perspektive auf die Geschichte

von Steffen Grimberg  24.11.2025