Geburtstag

»Farbe vergeht, Schwarz-Weiß besteht«

Stefan Moses (1928–2018) Foto: Ullstein

Geburtstag

»Farbe vergeht, Schwarz-Weiß besteht«

Der Fotograf Stefan Moses wird 85

von Marco Limberg, Michael Wuliger  27.08.2013 18:19 Uhr

Sieben Jahre alt war Stefan Moses, als er sein erstes Bild veröffentlichte. Seither hat er nichts anderes getan, als zu fotografieren, unterbrochen nur von der Haft in einem Zwangsarbeiterlager, in das der damals 16-Jährige 1944 als »Nichtarier« deportiert worden war. Er überlebte wurde nach 1945 Bildjournalist. Seine Reportagen in den Magazinen Stern und Twen über den Alltag der Bundesdeutschen machten den in Breslau geborenen Wahlmünchner bekannt. Während es andere Starfotografen seiner Zeit in die Ferne zog, je exotischer, desto lieber, war für Stefan Moses Deutschland »das interessanteste Land der Welt«.

In die Geschichtsbücher eingegangen –und das im Wortsinn – ist der Magnum-Fotograf mit seinen Porträts berühmter Bundesbürger. Konrad Adenauer und Ludwig Erhard, sich misstrauisch beäugend; Herbert Wehner, die obligatorische Pfeife im Mund; Theodor W. Adorno und Ernst Bloch, die sich in einem Spiegel betrachten; Romy Schneider beim Filmball; der junge Paul Spiegel mit vollem schwarzen Haar; Hans Modrow und Gregor Gysi 1989, noch optimistisch lachend.

»Psychograf« Stefan Moses’ Porträtaufnahmen sind keine Schnappschüsse. Sie werden von ihm sorgfältig inszeniert. Trotzdem wirken sie nicht gestellt. Er erspürt die Subjektivität seiner Modelle, oft mit der von ihm gern benutzten »Moment danach«-Methode. Just wenn der Porträtierte glaubt, das Shooting sei vorbei und sich mimisch und gestisch zu entspannen beginnt, drückt der Fotograf auf den Auslöser. Einen »Psychografen« hat der Schriftsteller Hans Sahl Moses deshalb einmal genannt.

Über 10.000 Filme hat Stefan Moses in seinem Leben belichtet: bis heute vorzugsweise schwarz-weiße Tri-X und T-Max von Kodak. »Farbe vergeht, Schwarz-Weiß besteht«, sagt er. Moses ist handwerklicher Traditionalist. Er fotografiert immer noch mit einer alten Leica und einer Hasselblad. Mit moderner Digitaltechnik hat er nichts am Hut: »Ich bin ein analoger Mensch!« Am Donnerstag, den 29. August, wird Stefan Moses 85 Jahre alt. Zu seinem Geburtstag hat der Schweizer Nimbus-Verlag eine kleine Sensation herausgebracht: einen Band mit Porträts, die der Fotograf 1969 und 1974 in Venedig von der Kunstsammlerin Peggy Guggenheim gemacht hat.

Stefan Moses: »100 x Peggy Guggenheim«, 128 S., 28 €

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Magdeburg

Telemann-Preis 2026 für Kölner Dirigenten Willens

Mit der Auszeichnung würdigt die Landeshauptstadt den eindrucksvollen Umgang des jüdischen Dirigenten mit dem künstlerischen Werk Telemanns

 19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Kino

Unter erschwerten Bedingungen

Das »Seret«-Festival zeigt aktuelle israelische Filmkunst in Deutschland – zum ersten Mal nur in Berlin

von Chris Schinke  19.11.2025

Bonn

Bonner Museum gibt Gemälde an Erben jüdischer Besitzer zurück

Das Bild »Bäuerliches Frühstück« aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird restituiert

 19.11.2025

Perspektive

Humor hilft

Über alles lachen – obwohl die Realität kein Witz ist? Unsere Autorin, die israelische Psychoanalytikerin Efrat Havron, meint: In einem Land wie Israel ist Ironie sogar überlebenswichtig

von Efrat Havron  19.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Süchtig nach Ruhamas Essen oder Zaubern müsste man können

von Nicole Dreyfus  19.11.2025