Standpunkt

Elon Musk, die »WELT« und die Meinungsfreiheit

Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Foto: Marco Limberg

Standpunkt

Elon Musk, die »WELT« und die Meinungsfreiheit

Ein Kommentar von Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  01.01.2025 19:07 Uhr

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Bottalk ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Bottalk angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Würde die Jüdische Allgemeine einen Text drucken, in dem die AfD als »letzter Funken Hoffnung für dieses Land« bezeichnet wird? Einen Text von einem Autor, der behauptet: »Nur die AfD kann Deutschland retten«? Der vorgibt: »Die Darstellung der AfD als rechtsextrem ist eindeutig falsch«?

Sie ahnen die Antwort: mitnichten. Es existiert nicht ein einziger journalistischer Grund, dies zu tun.

Die »WELT am Sonntag« sieht dies offenkundig anders und hat sich in ihrer aktuellen Ausgabe dafür entschieden, eine AfD-Wahlempfehlung des US-Unternehmers Elon Musk zu veröffentlichen. Seitdem steht das politische Berlin Kopf. Selten wurde über einen Kommentar so lange und so kontrovers diskutiert.

Lesen Sie auch

Auch aus der »WELT«-Redaktion selbst kommt heftiger Widerspruch. Die Chefin des Meinungs-Ressorts der »WELT« reichte als Konsequenz aus dem Musk-Text ihre Kündigung ein. Nicht wenige ihrer Kolleginnen und Kollegen machten auf X ihren Unmut über die Veröffentlichung von Musks Text öffentlich.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Bemerkenswert: Der künftige »WELT«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard zerlegte die Ausführungen Musks in einer eindrücklichen Replik und bezeichnete dessen Äußerungen über die AfD als »fatal falsch.« Eine Partei mit dem Programm der AfD könne weder die wirtschaftlichen Probleme des Landes lösen noch die offenkundigen Verfehlungen in der Asyl- und Migrationspolitik der vergangenen Jahre korrigieren, so Burgard. Zumal die AfD etwa mit Blick auf ihre rechtsextremen Einlassungen eine Gefahr für die demokratischen Werte der Bundesrepublik darstellten.  

Zugleich machten der noch aktuelle »WELT«-Chef Ulf Poschardt und sein Nachfolger in einem gemeinsamen Statement klar: »Die aktuelle Diskussion um den Text von Elon Musk ist sehr aufschlussreich. Demokratie und Journalismus leben von Meinungsfreiheit.« Dazu gehöre es, sich auch mit polarisierenden Positionen auseinanderzusetzen und diese journalistisch einzuordnen.

Lesen Sie auch

Letzteres ist durchaus korrekt. Doch zum einen ist es nicht Aufgabe von Zeitungen, Wahlwerbungen zu veröffentlichen. Und zum anderen ist die AfD keine Partei wie jede andere: Eine im Kern antidemokratische, rechtsextreme, geschichtsrevisionistische, Russland- und Chinanahe Partei, in der Antisemiten sich zu Hause fühlen und die zu Recht vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt wird, vertritt nicht bloß »polarisierende Positionen«, sondern ist brandgefährlich.

Lesen Sie auch

Darüber hinaus gibt es weder in Bezug auf Elon Musks politische Sichtweisen noch auf die AfD etwas herauszuarbeiten, was bislang noch nicht bekannt gewesen wäre. Wie Musk zu Rechtspopulisten im Allgemeinen und der AfD im Besonderen steht, ist hinlänglich bekannt. Der Erkenntnisgewinn von Musks Beitrag ist denn auch mehr als überschaubar ausgefallen.

Für die AfD gilt dies ebenfalls. Weder bei dem Faschisten Björn Höcke noch bei seinen Parteikollegen gibt es eine zweite Ebene. Es liegt alles offen zu Tage.

Lesen Sie auch

Natürlich sind auch hochumstrittene Standpunkte von der Meinungsfreiheit gedeckt. Genau deshalb ist sie so ein hohes Gut. Zur Pressefreiheit gehört aber eben auch, dass nicht jede Meinung zwingend publiziert werden muss. Diese Verantwortung gilt umso mehr, wenn Rechtsextremismus verharmlost wird.

Wer das mit Verweis auf die Offene Gesellschaft ignoriert, stärkt nicht den Diskurs, sondern führt den Freiheitsbegriff ad absurdum – und trägt ungewollt zur weiteren Aushöhlung der liberalen Grundordnung durch die AfD bei.

engel@juedische-allgemeine.de

Streaming

Adam Sandlers zweiter »Happy«-Film: 90er-Humor glückt auch 2025

Fast 30 Jahre nach dem ersten Teil feiert der jüdische Spaßvogel derzeit mit der Golfer-Komödie »Happy Gilmore 2« Erfolge bei Netflix

von Gregor Tholl, Philip Dethlefs  20.08.2025

Roman

Unter den Dächern von Paris

Fast 100 Jahre nach ihrem Entstehen erscheint Sebastian Haffners berührende Liebesgeschichte

von Alexander Kluy  19.08.2025

Frankfurter Buchmesse

Das sind die Nominierten für den Deutschen Buchpreis

Mehr als 200 Romane wurden gesichtet, 20 landeten nun auf der Longlist, darunter »Russische Spezialitäten« von Dmitrij Kapitelman

 19.08.2025

Imanuels Interpreten (12)

Paula Abdul: Die Tänzerin

Die auch als Sängerin, Schauspielerin und Geschäftsfrau bekannte kalifornische Jüdin führt ein abwechslungsreiches Leben – Verbindungen zu Isaac Herzog, Sacha Baron Cohen und einem Cartoon-Kater inklusive

von Imanuel Marcus  19.08.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Grün, blau, lila und die Geschichte einer Kommode

von Nicole Dreyfus  18.08.2025

Studie

Schuld und Zuweisung

Esra Özyürek hat mit ihrem Buch einen weiteren Beitrag zur Debatte um Erinnerungskultur in der Einwanderungsgesellschaft geleistet. Neu ist daran wenig

von Monika Albrecht  18.08.2025

TV-Tipp

»Die Akte General« über NS-Verbrechen und die Nachkriegsjustiz

In der Nachkriegszeit verfolgte der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer NS-Verbrecher und initiierte die Auschwitz-Prozesse. Der Film von 2015, der nun im Fernsehen ausgestrahlt wird, setzt dem Nazi-Jäger ein facettenreiches Denkmal

 18.08.2025

Tel Aviv

Gal Gadot trifft Geiselfamilien

Die Darstellerin zeigt seit den Massakern und Geiselnahmen vom 7. Oktober 2023 und dem damit von der Hamas begonnenen Krieg Solidarität mit Israel und den Geiseln. Damit handelt sie sich auch Kritik ein

von Sara Lemel  18.08.2025

Fernsehen

»Die Fabelmans«: Steven Spielbergs Familiengeschichte als TV-Premiere

In »Die Fabelmans« erzählt der jüdische Star, wie er vom Film-begeisterten Sammy zu einem jungen Regisseur heranwuchs

von Rüdiger Suchsland  17.08.2025