Fernsehen

»Eine Mischung aus Provokation und Humor«

Daniel Donskoy Foto: Christian Pries

Herr Donskoy, am Freitag startet im WDR Ihre neue TV-Sendung »Freitagnacht Jews«. Worauf genau dürfen die Zuschauer sich gefasst machen?
In guter jüdischer Tradition auf eine Mischung aus Provokation und Humor. Eine unverkrampfte Late Night Show über Deutschlands wohl unbeliebteste Schicksalsgemeinschaft (lacht). Es wird gegessen, diskutiert, gelacht und viel getrunken – wir sind hier, wir sind jetzt und wir gehen nicht mehr weg. In der Show am Freitag steht die Frage nach Versöhnung im Fokus. Ich freue mich jetzt schon auf viele Diskussionen auf Social Media.

In der Ankündigung der Sendung heißt es, thematisch sollen die acht Folgen irgendwo zwischen »Antisemitismus und Hühnersuppe« liegen …
Ja, das ist der Anspruch.

Was genau heißt das?
Ich möchte ein breitgefächertes Bild des jüdischen Lebens hier zeichnen. Nur die EINE jüdische Identität gibt es nicht. Wir haben die Säkularen, die Orthodoxen, die Kulturjuden, die Vaterjuden, die traditionellen Juden, Konservative, Linke und, und, und. Eigentlich gibt es so viele Facetten des Judentums, wie es Juden in Deutschland gibt. Normalerweise kommen Juden in TV-Sendungen nur im Zusammenhang mit der Schoa vor. Das ist die tragische Geschichte, die wir für immer mit uns tragen, aber wie leben wir denn heute? Und vor allem, was wünschen wir uns für die Zukunft?

Sie laden in jeder Folge einen jüdischen Gast ein. Welches Treffen hat besonders großen Eindruck auf Sie gemacht?
Eigentlich alle, aber ich war sehr inspiriert von meinem Treffen mit Dani Levy und Lea Wohl von Haselberg.

Warum?
Wenn Juden unter sich sind, geht es schon mal etwas morbid zu. Ich habe Dani Levy gefragt, in welches Land er flüchten würde, wenn es die politischen Umstände mal wieder erfordern würden. Er hat länger nachgedacht und dann nur ganz ernst gesagt: Ich hoffe, wir müssen nie wieder unsere Koffer packen. Die etwas provokante Frage hat dazu beigetragen, die Erkenntnis zu erweitern: Wir weichen kein bisschen. Juden gab es immer schon in Deutschland und wird es immer geben. Stark waren aber auch die Folgen mit Ahmad Mansour, Helene Braun und Sascha Chaimowicz.

Inwiefern?
Ahmad Mansour ist arabischer Israeli. Was er über seine Biografie und seine Zeit in Tel Aviv erzählt hat – das hat mich zu Tränen gerührt. Ganz anders bemerkenswert war Helene Braun. 23 Jahre alt, queer und angehende Rabbinerin. Auch das ist das Judentum. Mit Sascha Chaimowicz sprach ich über die Verantwortung, die er als Chefredakteur des ZEIT-Magazins hat, gerade auch in identitätspolitischen Debatten.

Sie haben Ihren Instagram-Followern die Möglichkeit gegeben, Ihren Gästen Fragen zu stellen. Wurde das Angebot angenommen?
Sehr stark sogar. Die Wahrscheinlichkeit, dass man als Nichtjude in Deutschland einen Juden trifft, ist ja ziemlich überschaubar. Ich hoffe, wir konnten an dieser Stelle die Perspektiven ein bisschen erweitern.

Die jüdische Küche spielt in Ihrer Show eine wichtige Rolle. Welchen Stellenwert hat Essen bei Ihnen ganz persönlich?
Ohne Essen kein Leben! Meine Mutter kocht das beste Essen, deshalb wird sie auch immer mal wieder aus Tel Aviv in Freitagnacht Jews zugeschaltet, um mir Tipps beim Kochen zu geben.

Sie wurden in Moskau geboren, wuchsen in Berlin und Tel Aviv auf, leben aber immer mal wieder auch in London …
Genau. Das prägt natürlich. Ich bin Deutscher, »Kontingentflüchtling«, Israeli, Russe, Londoner Jude, alles auf einmal und manchmal nichts davon. Auf mich passt kein Label, wie auf die meisten anderen Menschen auch nicht. Was heute fehlt, ist echte, gelebte Toleranz und die Offenheit, einen wirklichen Diskurs führen zu wollen. Wenn uns das mit »Freitagnacht Jews« gelingt und die Zuschauer Spaß daran haben, haben wir schon etwas bewegt.

Mit dem Schauspieler und Musiker sprach Philipp Peyman Engel.

Aufgegabelt

Iced Tahini Latte

Rezepte und Leckeres

 02.07.2025

Essay

Wenn der Wutanfall kommt

Kleine Kinder können herausfordern. Was macht das mit Eltern? Reflexionen einer Mutter

von Nicole Dreyfus  02.07.2025

Meinung

Die Erforschung von Antisemitismus braucht Haltung und Strukturen

Damit die universitäre Wissenschaft effektiv zur Bekämpfung von Judenhass beitragen kann, muss sie zum einen schonungslos selbstkritisch sein und zum anderen nachhaltiger finanziert werden

von Lennard Schmidt, Marc Seul, Salome Richter  02.07.2025

Nach Skandal-Konzert

Keine Bühne bieten: Bob-Vylan-Auftritt in Köln gestrichen

Die Punkband hatte beim Glastonbury-Festival israelischen Soldaten den Tod gewünscht

 02.07.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 3. Juli bis zum 10. Juli

 02.07.2025

Kino

Düstere Dinosaurier, frisches Starfutter

Neuer »Jurassic World«-Film mit Scarlett Johansson läuft in Deutschland an

von Ronny Thorau  01.07.2025

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025