Musik

»Ein besonderer europäischer Abend«

Lettland im Frühling 1939: Die 17-jährige Valentina Freimane ist mit ihren wohlhabenden jüdischen Eltern gerade von einem längeren Urlaub in Paris in ihre Heimat Lettland zurückgekehrt. In Riga trifft sie wenig später ihre große Liebe Dima, den sie schon bald heiraten wird. Das Glück ist der jungen lettischen Jüdin hold, wie es scheint. Doch dann bricht der Zweite Weltkrieg über den unabhängigen kleinen Staat im Baltikum herein – und somit auch in Valentina Freimanes scheinbar bürgerlich vorherbestimmtes Leben.

Die sowjetische Besatzung im Sommer 1939, Repressionen, Krieg und schließlich die Besatzung durch Nazi-Deutschland 1941 traumatisieren die junge Frau nachhaltig. Als Jüdin droht ihr während der Schoa die Umsiedlung ins Rigaer Ghetto. Vorerst indes bleibt sie vom Schicksal anderer Juden verschont: Dank der russisch-orthodoxen Mutter ihres Ehemanns wird sie nicht verhaftet. Im Frühling 1942 jedoch wird das junge Ehepaar verraten. Ihr Mann wird im Gefängnis erschossen, Valentina überlebt Dank der Hilfe des deutschbaltischen Publizisten Paul Schiemann.

biografisch Die Geschichte von Valentina Freimane ist nicht erfunden. Die heute 93-jährige Zeitzeugin lebt heute in Berlin und hat ihre Autobiografie Anfang dieses Jahres unter dem Titel Adieu, Atlantis veröffentlicht. Im Rahmen des Kulturprogramms der lettischen Ratspräsidentschaft der EU wurde nun die von Freimanes Leben inspirierte Oper Valentina am Dienstagabend in der Deutschen Oper Berlin aufgeführt. Das Gastspiel der Lettischen Nationaloper stand unter der Schirmherrschaft von Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier und des lettischen Außenministers Edgars Rinkevics.

Steinmeier hob in seinem Grußwort die musikalische Bedeutung der Aufführung hervor. »Wir werden eine gelungene Aufführung erleben an diesem besonderen europäischen Abend«, versicherte der SPD-Politiker. Er verwies zudem darauf, dass die Oper auch von politischer Bedeutung sei. »Wir feiern mit dieser Aufführung eine erfreuliche europapolitische Premiere: Im ersten Halbjahr 2015 hat erstmals Lettland die Ratspräsidentschaft der EU übernommen.« Insofern freue er sich an diesem Abend auf ein »doppeltes Vergnügen«.

Lettlands Außenminister Rinkevics bezeichnete die Aufführung in Berlin als »bedeutenstes Kulturereignis der lettischen EU-Ratspräsidentschaft«. Die Oper dokumentiere mit ihrer Protagonistin Valentina Freimane nicht nur die Geschichte einer der wichtigsten Persönlichkeiten Lettlands.

Das Stück erzähle außerdem auch die Geschichte der engen historischen und kulturellen Verbundenheit Lettlands und Deutschlands, die besonders im 20. und 21. Jahrhundert dramatische Momente erlebt habe. »Die Oper«, betonte Rinkevics, »ist eine Bestätigung menschlicher Kraft und Würde, die sich auch im 21. Jahrhundert als notwendig erweist.«

Kulturkolumne

Was bleibt von uns?

Lernen von John Oglander

von Sophie Albers Ben Chamo  25.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Jüdische Kulturtage

Musikfestival folgt Spuren jüdischen Lebens

Nach dem Festival-Eröffnungskonzert »Stimmen aus Theresienstadt« am 14. Dezember im Seebad Heringsdorf folgen weitere Konzerte in Berlin, Essen und Chemnitz

 25.11.2025

Hollywood

Scarlett Johansson macht bei »Exorzist«-Verfilmung mit

Sie mimte die Marvel-Heldin »Black Widow« und nahm es in »Jurassic World: Die Wiedergeburt« mit Dinos auf. Nun lässt sich Scarlett Johansson auf den vielleicht düstersten Filmstoff ihrer Laufbahn ein

 25.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  24.11.2025

Nachruf

Das unvergessliche Gesicht des Udo Kier

Er ritt im Weltall auf einem T-Rex, spielte für Warhol Dracula und prägte mit einem einzigen Blick ganze Filme. Udo Kier, Meister der Nebenrolle und Arthouse-Legende, ist tot. In seinem letzten Film, dem Thriller »The Secret Agent«, verkörpert er einen deutschen Juden

von Christina Tscharnke, Lisa Forster  24.11.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Nürnberg

»Tribunal 45«: Ein interaktives Spiel über die Nürnberger Prozesse

Darf man die Nürnberger Prozesse als Computerspiel aufarbeiten? Dieses Spiel lässt User in die Rolle der französischen Juristin Aline Chalufour schlüpfen und bietet eine neue Perspektive auf die Geschichte

von Steffen Grimberg  24.11.2025