Sehen!

Die Welt ist eine Küche

Eigentlich wollte die aus Berlin stammende junge Filmemacherin Alexa Karolinski nur ein Kochbuch schreiben. Dort sollten die vielen leckeren Gerichte, die ihre Großmutter zusammen mit ihrer besten Freundin Bella täglich kocht, als Rezepte auch Menschen außerhalb des Freundes- und Familienkreises zugutekommen. Doch Alexa, die in New York lebt und dort Film studierte, musste noch einen Abschlussfilm drehen. So fing sie an, die beiden ihr so vertrauten Damen mit der Kamera zu begleiten.

Oma Regina ist 84 Jahre alt, ihre Freundin Bella 88. Seit 2007 teilen sich die beiden Frauen eine Wohnung, helfen sich im Alltag, leben, feiern und kochen zusammen. Sie zelebrieren den Genuss und erinnern sich durch die Gerichte ihrer Mütter an ihre Kindheit in Katowice und in Vilnius.

Diven Beide haben auf abenteuerliche Weise den Holocaust überlebt und wurden von der Roten Armee befreit. Nach 1945 strandeten sie in einem Berliner DP-Camp. Von dort wollten sie eigentlich weiter. Das Ziel hieß Amerika. Doch nachdem die damals jungen Frauen schwanger wurden, blieben sie im Westen Berlins.

Aus Regina und Bella hätten auch wunderbare Filmdiven werden können. Sie spazieren mit schicken Sonnenbrillen durch Berlin, gehen zum Friseur, sind anstrengende Kundinnen beim Fleischer und inszenieren sich gerne vor der Kamera. Immer wieder wird auch Enkelin Alexa, die im Off bleibt, in die Handlung mit einbezogen. Dann soll sie etwas essen oder von den frisch gebackenen Keksen kosten.

Alexa Karolinski ist ein wunderbarer, kleiner Dokumentarfilm gelungen, der viel über das Leben von Juden in (West-)Berlin nach 1945 erzählt und mit zwei großartigen Protagonistinnen aufwartet.

Der Film war bisher nur in Berlin zu sehen. Diese Woche läuft er deutschlandweit an. Das ursprünglich geplante Kochbuch ist übrigens fast fertig. Es wird zweisprachig erscheinen, auf Deutsch und auf Englisch.

Zahl der Woche

2 Jahre

Fun Facts und Wissenswertes

 03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Die Tel-Aviv-Korrespondentin der ARD soll mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt werden

 03.12.2025

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

TV-Tipp

»Fargo«: Spannend-komischer Thriller-Klassiker der Coen-Brüder

Joel und Ethan Coen erhielten 1997 den Oscar für das beste Originaldrehbuch

von Jan Lehr  03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  02.12.2025

Streaming

Gepflegter Eskapismus

In der Serie »Call my Agent Berlin« nimmt sich die Filmbranche selbst auf die Schippe – mit prominenter Besetzung

von Katrin Richter  02.12.2025

Jean Radvanyi

»Anna Seghers war für mich ›Tschibi‹«

Ein Gespräch mit dem Historiker über die Liebesbriefe seiner Großeltern, Kosenamen und hochaktuelle Texte

von Katrin Richter  02.12.2025