Interview

»Die Resonanz ist toll«

Max Raabe Foto: promo

Herr Raabe, Sie treten diese Woche mit Ihrem Palastorchester erstmals in Israel auf und singen deutsche Schlager der 20er-Jahre. Wie ist es zu dieser Tournee gekommen?
Es hing immer in der Luft, auch einmal nach Israel zu fahren. Wobei das kein einfacher Entschluss war. Wir sprechen deutsch, wir singen deutsch, wir haben ein eindeutiges Erscheinungsbild. Aber dann habe ich überlegt: Warum soll man nicht zeigen, dass wir dieses Repertoire ehren, dass wir wissen, von wem es geschrieben wurde.

Nämlich meist von jüdischen Komponisten und Textern …
… die unsere Kultur mitgeprägt haben, bis sie nach 1933 verfolgt und ihre Lieder verboten wurden. Auf diesen Kontext weise ich immer hin. Das ist mir wichtig.

Man hört, Marcel Reich-Ranicki habe Sie ermuntert, die Tournee zu machen.
Ich habe ihn gefragt, ob er es für eine gute Idee hielte. Er sagte: »Machen Sie das auf jeden Fall!« Auch Nicola Galliner vom Jüdischen Filmfestival Berlin hat immer wieder gesagt: »Fahr da hin. Das wird toll!« Das alles hat mich letztendlich überzeugt, es zu tun.

Ihr Auftaktkonzert war am Montag in Tel Aviv. Wie war die Resonanz?
Das Opernhaus war voll. Und die Resonanz – auch wenn ich mich ungern selbst lobe – war toll. Es gab »Bravo«-Rufe, Zuschauer sind aufgestanden. Es waren viele junge Leute da, aber auch sehr viele ältere Menschen, die diese Musik noch aus ihrer Jugend kannten.

Es leben in Israel ja Menschen, die die Lieder, die Sie vortragen, sozusagen noch im O-Ton kennen.
Schon im Flugzeug bei der Anreise habe ich einen Herrn kennengelernt, der mit 15 Jahren Berlin verlassen hat, in einem Alter also, in dem er die politischen Umstände bewusst miterlebt hat. Und nach dem Auftritt kam eine Dame hinter die Bühne, die 1920 in Wien zur Welt gekommen ist, und hat aus ihrem Leben erzählt. Es war rührend und erschütternd, zu sehen, was im Rahmen eines Konzertes in den Köpfen von Menschen vorgeht.

Die Konzerte und einige der Zuschauer wird man demnächst auch hier sehen können. Ihre Tournee wird verfilmt.
Ja, der Regisseur Sönke Wortmann, mit dem ich schon lange befreundet bin, hat, als er von der Tournee erfuhr, spontan gesagt: »Das will ich miterleben. Da komme ich mit.«

War dies eigentlich Ihre erste Israelreise?
Es war mein erster Besuch – und wird nicht der letzte sein. Ich bin ganz angetan von der Mentalität hier. Tel Aviv, so weit ich es bisher kennengelernt habe, ist großartig. Sehr viel Bauhausarchitektur, wunderbar renoviert. Und beneidenswertes Wetter. Hier sind es 28 Grad bei Sonnenschein. Wie ist das Wetter aktuell in Berlin?

Um die 8 Grad mit Regen.
Brrr. Darauf warte ich schon, wenn ich Ende der Woche zurückkomme.

Mit dem Sänger sprach Michael Wuliger.

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  30.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025

Hollywood

Die »göttliche Miss M.«

Die Schauspielerin und Sängerin Bette Midler dreht mit 80 weiter auf

von Barbara Munker  28.11.2025

Literatur

»Wo es Worte gibt, ist Hoffnung«

Die israelische Schriftstellerin Ayelet Gundar-Goshen über arabische Handwerker, jüdische Mütter und ihr jüngstes Buch

von Ayala Goldmann  28.11.2025

Projektion

Rachsüchtig?

Aus welchen Quellen sich die Idee »jüdischer Vergeltung« speist. Eine literarische Analyse

von Sebastian Schirrmeister  28.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  28.11.2025