Finale

Der Rest der Welt

Dass Männer unrecht haben, kommt häufig vor. Aber sogar Rabbiner können sich irren: Vor fünf Jahren, als ich meinen Mann kennenlernte, habe ich jedem, der mir über den Weg lief, von meiner neuen Beziehung vorgeschwärmt. An einem schönen Frühlingstag, als ich sehr verliebt war, traf ich einen Rabbi vor dem Speisesaal von »Limmud« am Werbellinsee und verkündete ihm die Neuigkeiten.

Der Rabbi fragte: »Ist er jüdisch?« »Nein«, sagte ich, »aber er macht mich glücklich!« Mein Gesprächspartner war skeptisch. »Ich will dir deine neue Beziehung nicht schlechtreden, aber einen Nichtjuden zu heiraten, bringt immer Probleme«, sagte er. »Ach ja? Welche denn?«, fragte ich zurück und wappnete mich schon innerlich für die fällige Diskussion über die jüdische Identität der zukünftigen Kinder.

Hochzeit Aber der Rabbiner führte ganz andere Einwände an. »Du und dein Mann könnt nicht zusammen beerdigt werden. Jedenfalls nicht auf einem jüdischen Friedhof!« Dieses Argument hätte ich als Letztes erwartet. »Sonst hast du keine Sorgen?«, fragte ich den Rabbiner. Meine Beziehung war gerade einmal drei Monate alt. Ich träumte von der Hochzeit (obwohl ich das nie zugegeben hätte) und wünschte mir Kinder.

Das Doppelgrab dagegen stand nicht auf meiner Agenda. »Du wirst schon sehen«, sagte der Rabbi, »das Thema ist wichtiger, als du denkst.« Zwei Jahre später, als ich – mittlerweile verheiratet und Mutter – über den jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee spazierte, stellte ich fest, dass der Rabbi eine Option übersehen hatte. Ich fragte die Friedhofsangestellten, die mir bestätigten: Auf einer bestimmten Parzelle sei ein Gräberfeld für »gemischte« Paare reserviert. Ich sah es mir an: Es wirkte genauso idyllisch wie alle anderen Gräberfelder in Weißensee. Keine schlechte Aussicht, dachte ich. Aber sind wir nicht zu jung, um jetzt schon auf dem Friedhof zu investieren?

Immobilien Mit Schrecken erinnere ich mich an meine Großmutter, die sich als 50-Jährige eine Grabstelle gekauft hatte und uns bei jedem Besuch demonstrativ erklärte, es sei »alles schon bezahlt« – der Sarg, die Beerdigung und die Grabpflege. Diese Geschichte erzählte sie 40 Jahre lang – bis zu ihrem Tod mit 90! Andererseits: Im Gegensatz zu Immobilien ist eine Grabstelle in Berlin sehr erschwinglich. Für eine Vierzimmerwohnung in idyllischer Lage müssten wir eine halbe Million Euro berappen – die wir leider nicht haben. Ein Doppelgrab dagegen kostet Gemeindemitglieder vielleicht ein Hundertstel davon. Und es ist eine Investition für die Ewigkeit...

Am Abend, als wir bei einem Glas Wein auf dem Balkon saßen, versuchte ich, meinem Mann die Idee schmackhaft zu machen. »Ist das nicht toll? Wir können zusammen auf dem schönsten jüdischen Friedhof Europas bestattet werden!« Aber der beste Ehemann von allen wollte davon nichts hören: »Ein Gemeinschaftsgrab kommt nicht in Frage, dann habe ich ja nie meine Ruhe!«

Film

Woody Allen glaubt nicht an sein Kino-Comeback

Woody Allen hält ein Leinwand-Comeback mit 90 für unwahrscheinlich. Nur ein wirklich passendes und interessantes Rollenangebot könnte ihn zurück vor die Kamera locken.

 09.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Von Kaffee-Helden, Underdogs und Magenproblemen

von Margalit Edelstein  08.12.2025

Eurovision Song Contest

»Ihr wollt nicht mehr, dass wir mit Euch singen?«

Dana International, die Siegerin von 1998, über den angekündigten Boykott mehrerer Länder wegen der Teilnahme Israels

 08.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  08.12.2025

Vortrag

Über die antizionistische Dominanz in der Nahostforschung

Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf hat im Rahmen der Herbstakademie des Tikvah-Instituts über die Situation der Universitäten nach dem 7. Oktober 2023 referiert. Eine Dokumentation seines Vortrags

 07.12.2025

Zwischenruf

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken?

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Los Angeles

Schaffer »visionärer Architektur«: Trauer um Frank Gehry

Der jüdische Architekt war einer der berühmtesten weltweit und schuf ikonische Gebäude unter anderem in Los Angeles, Düsseldorf und Weil am Rhein. Nach dem Tod von Frank Gehry nehmen Bewunderer Abschied

 07.12.2025

Aufgegabelt

Plätzchen mit Halva

Rezepte und Leckeres

 05.12.2025

Kulturkolumne

Bestseller sind Zeitverschwendung

Meine Lektüre-Empfehlung: Lesen Sie lieber Thomas Mann als Florian Illies!

von Ayala Goldmann  05.12.2025