Es gibt ja diese Seinfeld-Folge, in der George glaubt, den alten LeBaron des Schauspielers Jon Voight gekauft zu haben. Was sich später als eine kleine Verwechselung wegen eines einzigen Buchstabens herausstellt, nämlich dem vorhandenen »h« im Vornamen des Autobesitzers, wird anschließend von Jerry so richtig aufs Korn genommen. Dieser entdeckt nämlich, dass das Auto einem John Voight gehörte: »Schau mal, da steht Gregory Pecks Fahrrad und dort Barbara Mandrells Skateboard«, stichelt er gegenüber George, der ihn daraufhin aus dem Auto wirft.
An diese Folge also, sie heißt übrigens The Mom and Pop Store, musste ich denken, als ich neulich in einer Zeitung über Franz Kafkas Kochbuch gelesen habe. Wie bitte? Franz Kafkas was? Zwei Gedanken schossen mir sofort durch den Kopf. Gedanke eins: Kafka aß doch sehr übersichtlich, wie wir alle aus den Korrespondenzen wissen. Und wer es nicht wusste: Offensichtlich ist ja, dass er sehr, sehr – eigentlich zu sehr – schlank war. Gedanke zwei: Was kommt als Nächstes? Kafkas Gartenbuch? Kafkas Yogabuch? Kafkas Telefonbuch?
Also warf ich einen Blick in besagtes, neu aufgelegtes Kochbuch und lernte aus dem Vorwort Folgendes: Franz Kafka war 1,81 groß und wog 61 Kilogramm, er achtete penibel auf seine Kost, und so richtig Franz Kafkas Kochbuch ist es nun auch wieder nicht. Denn es ist das Kochbuch von Elise Starker, die Chefköchin in »Dr. Lahmanns Sanatorium auf dem Weißen Hirsch bei Dresden« war, einem Sanatorium, in dem sich der junge Schriftsteller einst aufhielt und am Ende seines Aufenthalts das bekam, was offenbar allen Gästen in die Hand gedrückt wurde: Elise Starkers »Hygienisches Kochbuch«. Und genau daran, an dieser Kost, orientierte sich der Schriftsteller. Aber zugegeben: Dessen Name ist halt nicht der von Franz Kafka.
Nun, es ist, wie es ist. Kafka war dünn, brillant und ein bisschen weird.
Was finden wir also in der Rezeptesammlung? Etwa Folgendes: Wurzelsuppe, Apfelkaltschale, Pfirsichkaltschale – überhaupt viele Kaltschalen –, gefüllte Champignons, Buchweizen-Schnitten, Spinat-Schnitten, Aufläufe, sogar Kuchen. Kein Fleisch, kein Fisch, aber Butter, Eier, Milch und Quark. Irgendwie klingt alles nicht weit weg – und manchmal auch lecker. Die Zubereitungsanweisungen waren damals auch eher übersichtlich. Wie bei Rezept Nummer 401. Zwei Sätze, fertig ist die Soße!
Meine Kollegin Nicole und ich rätselten vergangene Woche, ob Franz Kafka ein anderer Schriftsteller geworden wäre, hätte er einfach zwischendurch etwas kräftiger gegessen. Keinen Braten, aber so ein beinahe noch warmes Stück Challe mit Zimt vielleicht? Welches Stück Gebäck stopft Sorgen, Befürchtungen und Kopfkino besser weg als Challe mit Zimt?
Hätte Josef K. doch nur ab und an mal seine Zähne in dieses weiche Stück Glück geschlagen, wäre der Landarzt lieber nicht nachts noch einmal losgegangen. Und erst der Brief an den Vater: Hätte Kafka seinem Dad doch einfach eine Challe mit Zimt gebacken – er hätte sie sogar in Bratensoße tunken können. Nun, es ist, wie es ist. Kafka war dünn, brillant und ein bisschen weird. Aber: Sind wir Letzteres nicht irgendwie alle (manchmal)?