Glosse

Der Rest der Welt

Foto: USPS

Bis Chanukka ist es zugegebenermaßen noch ein bisschen hin, aber in der vergangenen Woche kam schon mal etwas Lichterfest-Stimmung auf. Denn die Nachricht, dass der United States Postal Service (USPS) seine traditionelle Chanukka-Briefmarke herausgegeben hat, war »Breaking News« in der Welt der Philatelie – das ist auskennerisch für Briefmarkenkunde. Diese kleine Marke zum Aufkleben zeigt: eine Chanukkia. Eine dünn gezeichnete auf blauem Hintergrund. Neun kleine angedeutete Lichter, in ihrer Zartheit sieht sie eigentlich ganz schön aus. Die Briefmarke muss einen Wert von 75 Cent haben, denn 20 Stück kann man für 14,60 Dollar kaufen.

Designt wurde die Briefmarke von Antonio Alcalá, der schon einige Briefmarken für das USPS entworfen hat und viel Interessantes zum Entstehen der Chanukka-Briefmarke erzählte. Darunter die Geschichte seiner Großeltern, die 1941 vor den Nazis in die USA flüchten mussten und auf demselben Schiff von Portugal in die Vereinigten Staaten fuhren wie der Lubawitscher Rebbe Menachem Mendel Schneerson. So steht es bei JTA, der Jewish Telegraphic Agency. Alcalá hat auch einen Instagram-Account, auf dem er eine kleine Sammlung von Briefmarken aus den 1920er-Jahren zeigt.

Wie auch immer: Hat eigentlich die Deutsche Post solche Feiertagsmarken?

Darunter so interessante wie die vom Züricher Kunstgewerbemuseum aus dem Jahr 1913 oder die aus dem Jahr 1927 von der Werkbund-Ausstellung »Die Wohnung«, eine Ausstellung, an der auch ein gewisser Charles-Édouard Jeanneret-Gris, Ihnen besser bekannt als Le Corbusier, teilgenommen hat. Jetzt also die Briefmarke zu Chanukka, die man in den USA ab dem 19. September kaufen kann und für die es sogar einen Ersttagsbrief gibt, also einen Brief, der einen besonderen Stempel hat, diese schmucke Briefmarke und den man nicht abschickt. Das Schicksal teilt er mit vielen anderen Briefen, denn, mal ganz ehrlich: Wer schreibt heute noch Briefe?

Wie auch immer: Hat eigentlich die Deutsche Post solche Feiertagsmarken? Also so schöne wie die schlichte blau-weiße des USPS? Schauen wir doch einmal nach. Was finden wir im Ausgabemonat August? Eine Freddie-Mercury-Briefmarke – okay –, eine zum 50. Jubilä­um der Deutschen Krebshilfe – wichtig –, eine zum Wacken Open Air (WHAT??), eine zum Klimaschutz, 75 Jahre NATO, auch: Hulk, eine Superheldenbriefmarke. Dann gibt es da noch die für die »Östliche Smaragd­eidechse« und die für den Leuchtturm Alte Weser. Nicht zu vergessen die Roland-Kaiser-Fanbriefmarke … Wer kauft so etwas?

Ja, es gab schon mal eine Briefmarke zu »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«, die sah auch ganz schön aus, aber seit 2021 keine neue mehr. Na, Deutsche Post? Wäre es nicht einmal wieder an der Zeit? Superhelden wie Captain America oder Iron Man habt ihr auch im Angebot. An wirklichen jüdischen Superhelden sollte es ja wohl nicht mangeln.

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  17.11.2025

Miss-Universe-Show

Miss Israel erhält Todesdrohungen nach angeblichem Seitenblick

Auch prominente Israelis sind immer öfter mit Judenhass konfrontiert. Diesmal trifft es Melanie Shiraz in Thailand

 17.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal: Arte-Doku beleuchtet 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth neu

Das einstige Entsetzen über »pornografisch-blasphemische« Gedanken in »Portnoys Beschwerden« ist modernen Befindlichkeiten gewichen. Ein neuer Dokumentarfilm schaut nun genauer hin

von Friederike Ostermeyer  17.11.2025

Jubiläum

Weltliteratur aus dem Exil: Vor 125 Jahren wurde Anna Seghers geboren

Ihre Romane über den Nationalsozialismus machten Anna Seghers weltberühmt. In ihrer westdeutschen Heimat galt die Schriftstellerin aus Mainz jedoch lange Zeit fast als Unperson, denn nach 1945 hatte sie sich bewusst für den Osten entschieden

von Karsten Packeiser  17.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  16.11.2025

TV-Tipp

»Unser jüdischer James Bond«

Die Arte-Doku »Der Jahrhundert-Spion« erzählt die schillernde Lebensgeschichte des Ex-CIA-Agenten Peter Sichel, der seinerzeit den Ausbruch des Kalten Kriegs beschleunigte

von Manfred Riepe  16.11.2025

Aufgegabelt

Noahs Eintopf

Rezepte und Leckeres

 16.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025