Glosse

Der Rest der Welt

Foto: Getty Images/iStockphoto

Glosse

Der Rest der Welt

Meine Familie will einen Hund: Was für ein Katzenjammer!

von Beni Frenkel  06.04.2022 11:43 Uhr

Als wir unsere Katze ausgesucht haben, ging das sehr einfach. Die Bauersfrau zeigte uns fünf kleine Kätzchen, und wir wählten das niedlichste (Alvin) aus. 80 Franken bar auf die Hand. Das war vor sechs Jahren. Nun will meine Frau noch einen Hund, die Kinder natürlich auch. In einem Heim entflohener oder ausgesetzter Hunde hat sie sich in einen verliebt.

So einfach wie bei der Katze läuft es zum Glück nicht ab. Eine Mitarbeiterin des Hundeheims besuchte uns an einem Schabbat, um abzuchecken, ob wir reif für einen Hund sind. Für die »Hunde-Adoption«. Ich hoffte auf eine strenge Kontrollbeamtin, denn ich will keinen Hund. Die Katze reicht mir. Allerdings muss ich aufpassen, nicht allzu viel Widerstand zu leisten. Die Kinder und meine Frau wollen aktuell nichts anderes als einen Köter, der herumbellt, dreimal am Tag rausgehen muss und wahrscheinlich die Katze zerfleischt.

kontrollbeamtin Die Kontrollbeamtin klingelte an der Tür. Leider fragte sie nicht nach einem Kaffee. Dann hätte ich ihr kompliziert erklärt, dass wir Juden am Schabbat nur löslichen Kaffee trinken dürfen. Ich kann die jüdischen Gesetze sehr verwirrend darlegen, sodass jeder davon ausgehen muss, wir Juden hätten einen Schuss weg. Wer will solchen Menschen einen Hund anvertrauen? Meine Frau zeigte der Hundefrau unsere Zimmer. Ich küsste die Mesusa.

Meine Frau und die Kinder guckten mich so böse an wie noch nie.

Leider fragte sie nicht nach dem Grund. Dann hätte ich ihr gesagt, dass wir beim Betreten der Zimmer stets die Gebetskapsel berühren müssen. Hunde natürlich auch. »Sehr geräumig«, meinte sie nur und vermerkte das auch in ihrem Kontrollheft. Meine Frau zeigte ihr ein Hundefoto. Audrey oder Anthony, so hieß ihr Hund, als sie noch ein Mädchen war. Auch das wurde notiert.

Ich sah, dass es ziemlich gut lief. Die Kinder stritten nicht. Die älteste Tochter schwor, dass sie jeden Tag Gassi gehen würde. Notiert. »Wir wissen auch, wo ein guter Hundekurs angeboten wird«, log der Junge. Wieder ein Häkchen im Ordner. Ich ging ins Schlafzimmer. Alvin, der Kater, genoss gerade sein Schabbat-Schläfchen. Ich hob ihn auf, Alvin kratzte und fauchte. Egal. Ich brachte das wütende Tier ins Wohnzimmer und zeigte es der Hundebeamtin.

kugelschreiber »Das ist Alvin. Er hasst nichts mehr als Hunde. Leider.« Meine Frau und die Kinder guckten mich so böse an wie noch nie. Ich hingegen starrte auf den Kugelschreiber. Warum schreibt sie keine Notiz auf?

»Was für ein süßer Kater!«, jubelte die Hundefrau. »Darf ich mal?« Sie nahm den Verräter, der auf Kommando schnurrte und seine Augen schloss, auf den Arm. Dann händigte sie uns ein Merkblatt aus, wie sich Katze und Hund am besten vertragen. In einer Woche erhalten wir Bescheid. Ich weiß jetzt schon, dass ich verloren habe.

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  19.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Magdeburg

Telemann-Preis 2026 für Kölner Dirigenten Willens

Mit der Auszeichnung würdigt die Landeshauptstadt den eindrucksvollen Umgang des jüdischen Dirigenten mit dem künstlerischen Werk Telemanns

 19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Kino

Unter erschwerten Bedingungen

Das »Seret«-Festival zeigt aktuelle israelische Filmkunst in Deutschland – zum ersten Mal nur in Berlin

von Chris Schinke  19.11.2025

Bonn

Bonner Museum gibt Gemälde an Erben jüdischer Besitzer zurück

Das Bild »Bäuerliches Frühstück« aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird restituiert

 19.11.2025

Perspektive

Humor hilft

Über alles lachen – obwohl die Realität kein Witz ist? Unsere Autorin, die israelische Psychoanalytikerin Efrat Havron, meint: In einem Land wie Israel ist Ironie sogar überlebenswichtig

von Efrat Havron  19.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025