Finale

Der Rest der Welt

Wo sind die lieben Kleinen? Foto: Getty Images/iStockphoto

Sie kennen ja inzwischen meine Adresse: Antwerpen. »In the middle of the Tschulent«, so nennt sich die chassidische Flaniermeile, an der mein Haus steht. Die Aussicht am Schabbat von meinem Balkon im sechsten Stock wird von kleinen schwarzen Kreisen beherrscht, die sich in der Straße auf und ab bewegen … das sind die vielen Strejmels, von oben gesehen. Dazwischen kleine weiße und bunte Punkte – das sind die Ehefrauen, die ihre neuesten Tichel-Kollektionen und Hüte ausführen.

Tageszeit Und die winzigen knallbunten Punkte, das sind die Kinder in ihren Kleidchen und Mini-Anzügen, die überall herumwuseln. Die Eltern haben übrigens die Ruhe weg, man muss sie wirklich für ihre starken Nerven bewundern. Zu jeder Tageszeit sind ihre Kids allein oder in Gruppen unterwegs, und ich glaube nicht, dass diese Mütter von durchschnittlich sieben Kindern jedes Mal einen halben

Nervenzusammenbruch haben, wenn die lieben Kleinen mal nicht an ihr Handy gehen. Klar, die haben ja keine Handys. Wie machen die das eigentlich?
Bei mir hat sich über die Jahre eine gewisse, leicht neurotische Abhängigkeit herausgebildet, niemand darf ohne Handy das Haus verlassen. Wie die kleinen Bernhardiner tragen meine Kids stets eines um den Hals gehängt, und so wie das rettende Bernhardiner-Rum-Fässchen ist für mich das Handy überlebenswichtig.
Ja, Sie haben es erraten, ich habe irgendwie Probleme mit dem Loslassen. Das sagt mein Mann, und das sagt auch meine Therapeutin.

Kettenhund Am schlimmsten ist es am Samstagabend. Meist gehen meine Kinder direkt von der Bne Akiva am Nachmittag (natürlich kein Handy dabei) zu ihren Freunden und danach in die Stadt, sodass ich wie ein trübseliger Kettenhund die Abende neben meinem Telefon verbringe, in der Hoffnung, dass irgendjemand sich meldet. (Was übrigens meistens nicht passiert.)

Ich versuche, mich zusammenzureißen. Ehrlich. Bis um 21 Uhr tigere ich in der Wohnung auf und ab, mein Mantra murmelnd: »Du musst sie loslassen … loslassen … loslassen.« Irgendwann, meistens um 21.15 Uhr, halte ich es nicht mehr aus und beginne, alle Freunde der Kinder anzurufen. Und deren Eltern oder Großeltern. Irgendjemand geht dann meistens ans Telefon und weiß dann in der Regel auch, wo die Kids sich gerade herumtreiben. So groß ist Antwerpen ja nicht. Und dann bin ich fürs Erste beruhigt, und meine Kinder, die gegen Mitternacht zu Hause eintrudeln, können mal wieder ihre augenrollende Show abziehen, die da heißt: »Mann, Mama, du bist so PEINLICH!«

Chips Jaja, ich weiß. Wartet nur mal, bis ihr in mein Alter kommt, dann werdet ihr schon sehen, wie das ist! Obwohl, bis dahin gibt es bestimmt irgendwelche coolen Ortungs-Chips, die das Kind mit dem Frühstücks-Müsli runterschluckt, sodass der Nachwuchs den ganzen Tag auf dem mütterlichen Bildschirm verfolgt werden und alleine die Welt erkunden kann.

Verstohlen wische ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Habe ich schon erwähnt, dass ich Probleme mit dem Loslassen habe?

Justiz

Dieter Hallervorden und Diether Dehm zeigen Kanzler Friedrich Merz wegen »Drecksarbeit«-Aussage an

Mit seiner Bemerkung zu Israels Angriff auf den Iran hat Kanzler Merz für viel Zustimmung und Ablehnung gesorgt. Nun sollte sich die Justiz damit beschäftigen, meinen einige

 20.06.2025

Medien

Enkel des »Weltbühne«-Gründers übt scharfe Kritik an Verleger Friedrich

Erst kürzlich hatte der Verleger der »Berliner Zeitung« die Zeitschrift »Weltbühne« wieder aufleben lassen. Nun erhebt der Enkel des jüdischen Gründers schwere Vorwürfe gegen ihn

 20.06.2025

TV-Tipp

Robert Lembke: Schikaniert wegen seines jüdischen Vaters

Wer war der Moderator Robert Lembke? 70 Jahre nach dem Start der legendären Quizsendung »Was bin ich?« fasziniert das Dokudrama »Robert Lembke – Wer bin ich?«. Ein Schatz in der ARD-Mediathek

von Gregor Tholl  20.06.2025

Ausstellung

Die Schocken-Show

Das Jüdische Museum Berlin ehrt den Unternehmer und Verleger Salman Schocken dank eines Stars der US-Literatur

von Sophie Albers Ben Chamo  19.06.2025

Kulturkolumne

Zwischen Kotel und Kotti

Wie KI unseren Autor berühmt machte

von Eugen El  19.06.2025

FU Berlin

Sparmaßnahmen an Berliner Hochschulen treffen wohl auch Judaistik

An der Freien Universität ist unklar, ob eine Professur neu besetzt wird.

 19.06.2025

Fürth

Jüdisches Museum sucht geraubte kleine Dame

Man werde für eine Suchaktion an alle bekannten Kunstgalerien Flyer schicken und eine Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung aufgeben

 18.06.2025

Sachbuch

Zweistaatenlösung, erster Versuch

Oren Kessler zeigt, wie sich bereits 1936 ein Grundmuster des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern herausbildete

von Ralf Balke  18.06.2025

Zahl der Woche

8. Platz

Fun Facts und Wissenswertes

 18.06.2025