Glosse

Der Rest der Welt

Das Auffangen von Regenwasser wird wichtig für den Erhalt des Grundwasserpegels. Foto: picture alliance / blickwinkel/A. Jagel

Glosse

Der Rest der Welt

Von verbotenen Pflanzen und glücklichen Balkonen

von Margalit Edelstein  21.07.2021 08:12 Uhr

Ich habe bereits alles versucht, glauben Sie mir! »Robust«, »vital« und »praktisch nicht kaputt zu kriegen«, wurde mir im Gartencenter versichert, und ich war so froh, als die Balkonblumenlieferung endlich bei mir eintraf. Geranien, Petunien, Fleißige Lieschen, farbenprächtig und strotzend vor Gesundheit! Tja, auf meinem Antwerpener Balkon gaben sie alle nach kurzer Zeit den Geist auf. Nach ein paar Wochen waren von der Blütenpracht nur noch ein paar schlaffe Stengel übrig. Warum? Warum immer ich?

Osten Händeringend stand ich auf meinem Balkon und versuchte, die zerfransten kleinen Dinger mit allen möglichen Mittelchen und Düngerstäbchen wieder aufzupeppen: vergebens. Ich habe das dann mal gegoogelt und herausgefunden: Wir leiden am »Toxic Balcony Syndrome«, mein Balkon und ich! Die meisten Balkone gehen nach Süden oder Westen raus, bei Ostbalkonen wird die Sache knifflig, und wer eine Immobilie mit Nordbalkon kauft, der hat sich übers Ohr hauen lassen und sollte am besten in ein paar Plastikpalmen investieren.

Wir leiden am »Toxic Balcony Syndrome«, mein Balkon und ich!

Mit zitternden Händen lud ich mir eine Kompass-App aufs Handy und betrat meinen Balkon. Die Nadel zeigte auf Nord-Nordost. Vor Wut wollte ich gerade mein Handy vom Balkon werfen, da bemerkte ich in einem meiner trübselig verlassenen Blumentöpfe eine hübsche kleine grüne Pflanze, die vor ein paar Tagen garantiert noch nicht da war. Hmmmm, seltsam. Am nächsten Tag war das Ding um noch einen guten Zentimeter gewachsen, und einige Tage später war aus »Pflanzi«, wie ich meine neue Freundin nannte, ein stattliches Mini-Bäumchen geworden. Ich war begeistert! Pflanzi war anscheinend so eine Art Superpflanze, der weder der schneidend kalte Nordwind auf meinem Balkon noch die miese Antwerpener Stadtluft etwas anhaben konnte.

Europa Einige Tage später machten wir einen Ausflug, und ich bemerkte, dass Pflanzi sich auch mitten auf der belgischen Autobahn sowie an diversen Straßenbahnhaltestellen, Baustellen und der städtischen Müllhalde pudelwohl fühlte. Ich bewunderte Pflanzi für ihren Schneid und googelte »Pflanze«, »Autobahn« und »Müllhalde«. Bei meiner Pflanzi handelte es sich offenbar um den berühmt-berüchtigten chinesischen Götterbaum, eine Art Gangsterpflanze, deren Anpflanzung und Vertrieb in der EU strengstens verboten ist. Er ist der am schnellsten wachsende Baum Europas und breitet sich derart hemmungslos aus, dass er sämtliche heimische Nutzpflanzen in kürzester Kürze plattmacht. Wo er sich einmal breitgemacht hat, ist er praktisch nicht mehr totzukriegen! Toll, oder?

Gestern Nacht war ich im Schutz der Dunkelheit an der Straßenbahnhaltestelle gegenüber, um ein paar Götterbaum-Samenstände abzuernten, in fieberhafter Eile orderte ich online XXL-Blumentöpfe und Erde und habe jetzt innerhalb kürzester Zeit meinen ganzen Balkon mit den Dingern vollgeknallt.

Meine Pflanzis und ich sind sehr happy miteinander. Und da ich im sechsten Stock wohne, kriegt auch niemand was mit von den illegalen Vorgängen auf meinem Balkon. Wenn Sie mich nicht bei den Behörden verpfeifen, schicke ich Ihnen gerne per Post ein paar stramme Götterpflanzensamen für Ihren Nordbalkon!

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