Finale

Der Rest der Welt

Borscht? Borschtsch? Egal: Hauptsache er schmeckt! Foto: Getty Images/iStockphoto

Neulich gab es bei uns Borschtsch. Diese nahrhafte Rote-Bete-Suppe verbindet nicht nur Polen, Ukrainer und Russen, sondern schmeckt auch vorzüglich – am besten mit Schmand oder Saurer Sahne. Das Kuriose am Borschtsch ist aber das »schtsch«. Denn für diese lange Buchstabenfolge braucht die russische Sprache nur ein Zeichen. Dessen korrekte Aussprache ist, wie ich gelernt habe, für viele Deutsche ein Rätsel.

Nepomnjaschtschi Manche resignieren und sprechen vereinfacht von »Borscht«. Andere gehen produktiv mit ihrer Sprachüberforderung um. So las ich vor Kurzem auf »Zeit Online« die Überschrift »Jan, der Unaussprechliche«. Es ging um den russischen Schachgroßmeister Jan Nepomnjaschtschi. Da staunte ich aber wirklich! Denn Nepomnjaschtschi bedeutet eigentlich »der sich nicht Erinnernde«.

Und wenn es schon um die Aussprache geht: Die ist ganz easy! Tipps erteile ich gern auf Anfrage. Aber ich möchte nicht überheblich klingen. Denn auch russische Muttersprachler können an der Aussprache deutscher Wörter verzweifeln!

Ich erinnere mich noch genau an die ersten Wochen nach unserer Ankunft in Deutschland. Da kam ich in die achte Klasse. In einem Geschichtslehrbuch ging es um »undurchdringliche Wälder«, durch die Römer – oder waren es Germanen? – einst stapften. Undurchdringlich war für mich vor allem die Aussprache dieser wunderlichen Vokabel. Vom Amtsdeutsch, mit dem sich meine Eltern damals plagen mussten, schweige ich lieber ganz!

Wintermärchen Die russische Sprachüberforderung kann allerlei wundersame Blüten treiben. Wundern Sie sich bitte nicht, wenn ein russischer Muttersprachler Sie fragt, wie man zur Genrikh-Gejne-Straße kommt. Gemeint ist dann wirklich der geniale Dichter des Wintermärchens. Denn das Russische hat ein unerklärliches Problem mit einigen deutschen Eigennamen. Da heißt der Erfinder der Relativitätstheorie schon mal Albert Äjnschtäjn. Und eine berühmte malerische Universitätsstadt in Baden-Württemberg wird zu Gejdälberg. Sagen wir es mal so: Gay mag für einige Russen ein Reizwort sein, auf das Ausflugsziel Gejdälberg und den Dichter Gejne können sie sich aber einigen.

Und wenn Ihnen das alles zu politisch geworden ist, empfehle ich zur Abkühlung die köstlichste Borschtsch-Variante, nämlich die kalte Sommersuppe Swekolnik, auch als Kholodnik bekannt. Probieren Sie es doch einfach mal!

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Juni bis zum 26. Juni

 18.06.2025

Berlin

Erste Ausstellung über den Architekten Ossip Klarwein

Präsentiert werden mehr als 100 Entwürfe und Modelle, darunter ikonische Bauten des 1933 nach Palästina geflohenen jüdischen Architekten

 17.06.2025

Nachruf

Chronist einer ganzen Epoche

Michel Bergmann war ein Schriftsteller, der viele Genres beherrschte

von Ellen Presser  17.06.2025

Los Angeles

Neues Album von Haim: »Manchmal muss man loslassen«

Auf ihrem vierten Album singen die Haim-Schwestern von Trennung, Abschied und Neuanfang. Dabei betritt das Trio mit beinahe jedem Song ein anderes musikalisches Terrain

von Philip Dethlefs  17.06.2025

Diskurs

»Die Erinnerungsrepublik Deutschland ist zu Ende«

Auszüge aus der Heidelberger Hochschulrede des Grünen-Politikers Sergey Lagodinsky

 16.06.2025

Literatur

Michel Bergmann ist tot

Der jüdische Schriftsteller starb im Alter von 80 Jahren

 17.06.2025 Aktualisiert

Taormina Film Fest

Michael Douglas entschuldigt sich für Politik der US-Regierung

Der Darsteller erhält von Iris Knobloch eine Ehrung für sein Lebenswerk. Die Vergabezeremonie in Sizilien nutzt er für Kritik an seinem Land

 16.06.2025

Fernsehen

Luftraum in Israel gesperrt: »Fernsehgarten« ohne Kiewel

Die Moderatorin lebt in Tel Aviv - doch zu ihrer Jubiläumssendung konnte sie nicht anreisen

 15.06.2025

Leo Baeck Institut

»Die Wissenschaft ist keine Oase«

Michael Brenner über das vor 70 Jahren gegründete Archiv der Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums, freie Forschung und bedrohte Demokratie

von Ayala Goldmann  15.06.2025