Finale

Der Rest der Welt

Berge, so weit das Auge reicht. Foto: Getty Images/iStockphoto

Der Countdown läuft: Noch acht Wochen bis Rosch Haschana. »Innere Einkehr« und »Bilanz ziehen« wird bei mir definitiv ausfallen. Schon jetzt bin ich bereit, das Jahr 5780 aus dem Kalender zu streichen.

Österreich – Die Kuhglocken läuteten. Und irgendwie war alles nicht real.

»Sind die Urlauber munter und erholt zurückgekehrt?«, fragte die freundliche Kollegin am Montagmorgen. »Na klar«, sagte ich. Sollte ich etwa als Einzige zugeben, grantig und unausgeschlafen zu sein? Aber wie kann ein Familienurlaub erholsam sein, nach Homeoffice und Schulschließung, wenn alle Beteiligten sich schon seit drei Monaten Tag und Nacht auf der Pelle hocken?

Ruhe Schon zu Beginn der Ferien wollte ich nur noch eines: meine Ruhe. Spontan habe ich mich zwei Tage alleine in einem Hotel in Potsdam einquartiert. Frühstück gab es für 18 Euro abgepackt auf einem Teller.

Ein Konsumrausch im Holländischen Viertel sorgte für ein tiefes Minus auf meinem Konto: Jetzt habe ich zwei neue Sommerkleider, neue Sandalen, neue Turnschuhe und drei neue Bücher. War das Erholung? Schwer zu sagen. Jedenfalls hatte ich ein schlechtes Gewissen und habe alle zwei Stunden zu Hause angerufen.

Eine Woche später schien in Vorarlberg die Sonne. Die Berge waren großartig. Die Kuhglocken läuteten. Und irgendwie war alles nicht real. Im Hotel schien man der Meinung, Corona sei so gut wie vorbei. Es gab ein Frühstücksbuffet, Wiener Schnitzel und Maskenpflicht nur in der Gondel.

Südtirol Der Kaffee war miserabel, nicht zu vergleichen mit dem Urlaub in Südtirol im vergangenen Sommer, als noch niemand wusste, was 5780 bringen würde. Nach drei Tagen Österreich fragte mein Sohn: »Wann ist wieder Schule?«

Wer braucht schon Urlaub? Lieber durcharbeiten, bis der Impfstoff kommt.

Eigentlich wollte ich ihm erst zur Barmizwa ein Smartphone schenken. Aber stetes Quetschen höhlt den Stein, vor allem im Urlaub. Argumenten wie der anstehenden Klassensprecherwahl, die ohne Zugang zum WhatsApp-Klassenchat nicht zu gewinnen sei, konnte ich nichts entgegensetzen. Jetzt hat mein elfjähriger Sohn ein iPhone, das fünfmal schneller ist als meines. Für Vollbeschäftigung in den verbleibenden drei Wochen Schulferien ist damit auch gesorgt: Der Wahlkampf nimmt an Fahrt auf.

Israel Ich wiederum würde mich gerne vom Urlaub erholen. Aber wo? Leider lässt Israel ausländische Besucher bis mindestens Anfang September nicht ins Land. Als israelische Bürgerin könnte ich trotzdem einreisen, zwei Wochen Quarantäne auf dem Dachgarten meines Cousins in Raanana abreißen und jordanischen Arak trinken.

Ich will mein altes Leben zurück! In Südtirol!

Vielleicht wäre ich dann erholt. Aber so viele Urlaubstage habe ich nicht mehr. Außerdem fällt Rosch Haschana auf einen Schabbat. Auch Sukkot und Simchat Tora liegen auf Wochenenden. Gemeinheit!

Mein Mann findet, wir Juden hätten zu viele Feiertage. Ich dagegen bin der Ansicht, die diesjährige Konstellation ist ein Fall für den Antisemitismusbeauftragten. Ich will mindestens drei Ausgleichstage! Andererseits, wer braucht schon Urlaub? Lieber durcharbeiten, bis der Impfstoff kommt. Oder auch nur bis zu den Herbstferien. Ich will mein altes Leben zurück! In Südtirol!

Medien

Die Deutsche Welle und Israel: Mitarbeiter werfen ihrem Sender journalistisches Versagen vor

Die Hintergründe

von Edgar S. Hasse  14.07.2025

TV-Tipp

Der Mythos Jeff Bridges: Arte feiert den »Dude«

Der Weg zum Erfolg war für Jeff Bridges steinig - auch weil der Schauspieler sich gegen die Erfordernisse des Business sträubte. Bis er eine entscheidende Rolle von den Coen-Brüdern bekam, die alles veränderte

von Manfred Riepe  14.07.2025

Musik

Der die Wolken beschwört

Roy Amotz ist Flötist aus Israel. Sein neues Album verfolgt hohe Ziele

von Alicia Rust  14.07.2025

Imanuels Interpreten (11)

The Brecker Brothers: Virtuose Blechbläser und Jazz-Funk-Pioniere

Jazz-Funk und teure Arrangements waren und sind die Expertise der jüdischen Musiker Michael und Randy Brecker. Während Michael 2007 starb, ist Randy im Alter von fast 80 Jahren weiterhin aktiv

von Imanuel Marcus  14.07.2025

Kino

»Superman« David Corenswet fühlte sich »wie ein Astronaut«

»Ich habe dafür trainiert, ich habe es mir gewünscht, und jetzt liegt die ganze Arbeit vor mir«, sagt der Darsteller mit jüdischem Familienhintergrund

von Philip Dethlefs  14.07.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Superman kommt ins Kino – und wo sind die super Männer?

von Katrin Richter  13.07.2025

Biografie

Schauspieler Berkel: In der Synagoge sind mir die Tränen geflossen 

Er ging in die Kirche und war Messdiener - erst spät kam sein Interesse für das Judentum, berichtet Schauspieler Christian Berkel

von Leticia Witte  11.07.2025

Thüringen

Yiddish Summer startet mit Open-Air-Konzert

Vergangenes Jahr nahmen rund 12.000 Menschen an den mehr als 100 Veranstaltungen teil

 11.07.2025

Musik

Nach Eklat: Hamburg, Stuttgart und Köln sagen Bob-Vylan-Auftritte ab

Nach dem Eklat bei einem britischen Festival mit israelfeindlichen und antisemitischen Aussagen sind mehrere geplante Auftritte des Punk-Duos Bob Vylan in Deutschland abgesagt worden

 10.07.2025