Finale

Der Rest der Welt

Wenn der Kleine eine Eins in der Schule bekommt, liegt das bestimmt nicht an Mutti. Foto: Thinkstock

Schluss mit den Schuldgefühlen! Endlich weg mit der Wahnvorstellung, die jüdische Mutter sei verantwortlich für den Erfolg ihrer Kinder! Zu Beginn des neuen bürgerlichen Jahres möchte ich Sie mit einer Schulgeschichte aus dem wahren Leben erheitern.

»Mama, mein Freund und ich halten ein Referat über die Neue Synagoge«, verkündete mein Sohn vor einigen Wochen voller Begeisterung. Ich biss mir auf die Zunge, um nicht zu fragen: »Warum gerade du?« Aber der Achtjährige schien sich über die Gelegenheit sogar zu freuen, an seiner staatlichen Grundschule als Experte für Judentum zu glänzen, das Ganze unter dem Motto »Gebäude in Berlin«. »Ach, wirklich?«, sagte ich und versprach: »Dann gehen wir zusammen in die Ausstellung.«

Centrum Judaicum Leider wurde nichts daraus. Zuerst hatte ich keine Zeit, mit den Kindern zur Synagoge zu fahren. Als ich endlich Zeit hatte, war die Dauerausstellung »Tuet auf die Pforten« zwecks Neugestaltung bis Frühjahr geschlossen. »Dann schauen wir nach, was auf der Webseite steht«, sagte ich. Aber dort stand nichts Konkretes.

Der Referatstag rückte näher. Zähneknirschend erklärte ich: »Wir gucken bei Wikipedia nach. Aber merk dir eines: Bei Referaten darf man sich nie auf Wikipedia verlassen. Du brauchst immer eine Zweitquelle.« Mein Sohn starrte mich an, als sähe er eine Neandertalerin.

Am Abend vor dem großen Auftritt probten wir das Referat. Mein Sohn ratterte die Daten von Bau, Zerstörung und Wiederaufbau herunter. Nach drei Minuten war er fertig. Die Jahreszahlen stimmten nicht. »Bitte noch einmal – und dann richtig«, sagte ich. »Außerdem, das war sehr kurz. Wie lang soll das Referat sein?« »Zehn bis 15 Minuten.« »Dann erzähl doch noch was über die Orgel, die es früher in der Synagoge gab, und die Rabbinerin und die Kantorin, die jetzt dort arbeiten.« »Wen interessiert das denn? Das will doch keiner wissen!«, motzte mein Sohn. Ich biss mir wieder auf die Zunge und versuchte, überzeugend zu wirken: »Wenn du ein Referat hältst, musst du die Zuhörer dazu bringen, dass sie sich für das Thema interessieren!«

Quiz »Wir machen ein Quiz, dann ziehen wir die Zeit in die Länge«, erklärte der Stratege. »Aha«, sagte ich, »und was sind die Quizfragen?« »Besprechen wir in der Hofpause«, beschied mich der Sohn.» «Und wer von euch beiden referiert genau was?» «Besprechen wir in der Hofpause.» Damit verschwand er in sein Zimmer.

Ich sah eine Katastrophe heraufziehen. Ich hatte meinen wissbegierigen Sohn mit Wikipedia abgespeist, und in der Synagoge war ich zuletzt an Jom Kippur. Asche auf mein Haupt, die Vier im Deutschreferat würde auf mein Konto gehen. Am nächsten Jom Kippur würde ich für alles büßen.

«Unser Quiz war das längste von allen!», erzählte mir mein Sohn am Abend hochzufrieden. 25 Minuten hätten er und sein Freund mit dem Thema «Synagoge» in der Klasse bestritten. Ich erzähle Ihnen nicht, dass er für das Referat eine Eins bekommen hat. Sonst denken Sie noch, es läge an mir. Dabei ist der Erfolg doch gerade dann vorprogrammiert, wenn Mama sich nicht einmischt!

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  14.12.2025

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

von Christiane Oelrich  12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025