Finale

Der Rest der Welt

Ein jüdischer Junge kommt von der Schule nach Hause. Seine Mutter fragt ihn: »Was hast du heute gelernt?« Der Sohn: »Der Religionslehrer sagt, dass sich Gott in dreierlei Gestalt offenbart: als Vater, Sohn und Heiliger Geist.« Darauf die Mutter, sehr ernst: »Mein Sohn, merk es dir ein für alle Mal: Es gibt nur einen Gott – und wir glauben nicht an ihn!«

Von diesem Witz brauchen Sie nicht direkt auf mich zu schließen. In religiöser Hinsicht bin ich zwar unmusikalisch, gebe mir aber größte Mühe, meinen Sohn mit jüdischen Traditionen vertraut zu machen. Ich backe freitags beharrlich Challot, obwohl mein Mann den Geruch von Hefe hasst, habe meinem Sohn alle relevanten Brachot für den Kiddusch beigebracht und Pessach zweimal gefeiert (zu Hause und beim Gemeindeseder). Ich habe sogar ein paar Tage lang Mazze statt Müsli gegessen.

Kaschrut Damit nicht genug – unlängst habe ich den Achtjährigen, der eine staatliche Schule besucht, beim jüdischen Religionsunterricht angemeldet. Mein Sohn bereitete sich auf seine Weise vor: Ab sofort hielt er sich – soweit das in unserem Haushalt möglich ist – streng an Kaschrut-Regeln und dokumentierte den zeitlichen Abstand zwischen Milch- und Fleischmahlzeiten mit Minutenangaben in einem speziellen Heft.

Im Religionsunterricht lernte mein Sohn, wie man Hamantaschen bäckt, und alles darüber, wie die Israeliten Ägypten wieder verließen. Leider fand der Unterricht nur dreimal statt. Mein Sohn war unglücklich und fragt bis heute: »Wann kann ich endlich wieder hingehen?« Mal sehen, wie lange sich das noch hält. Nun bin ich bei der religiösen Erziehung wieder auf mich allein gestellt. Und ich fürchte, ich bin der Herausforderung nicht gewachsen.

Vor allem die rituelle Konsequenz lässt zu wünschen übrig. Ja, ich habe fünf Tage lang Mazze gegessen, aber am sechsten Pessachtag musste ich aufgeben angesichts des unwiderstehlichen Gugelhupfs, den meine Mutter bei unserem Besuch im Schwabenland gebacken hat. Immerhin hat auch mein Sohn sechs Tage lang das Brot der Armen gegessen und auf Nudeln mit Ketchup verzichtet.

ICE Nun weiß er, dass »kascher le-Pessach« ein echtes Opfer bedeutet – nämlich, dass man als gesetzestreuer Jude während der Pessachwoche im Bordrestaurant des ICE weder Würstchen noch Maultaschen oder Spaghetti Napoli bestellen darf. Als der Achtjährige aber beim Anblick der Speisekarte protestierte: »Mann, ist das anstrengend. Hier kann man ja gar nichts mehr essen!«, habe ich ihm eine Packung Kekse gekauft.

Trost könnte ich in der neuesten Studie des PEW-Instituts finden: Je höher der Bildungsgrad amerikanischer Juden, liest man dort, desto geringer ausgeprägt der Glaube an Gott. Aber ich persönlich glaube nicht, dass mein Sohn ohne Religionsunterricht bessere Zukunftschancen haben wird. Vielmehr hoffe ich immer noch, dass bald wieder andere Vorbilder in sein Leben treten als ich!

Justiz

Dieter Hallervorden und Diether Dehm zeigen Kanzler Friedrich Merz wegen »Drecksarbeit«-Aussage an

Mit seiner Bemerkung zu Israels Angriff auf den Iran hat Kanzler Merz für viel Zustimmung und Ablehnung gesorgt. Nun sollte sich die Justiz damit beschäftigen, meinen einige

 20.06.2025

Medien

Enkel des »Weltbühne«-Gründers übt scharfe Kritik an Verleger Friedrich

Erst kürzlich hatte der Verleger der »Berliner Zeitung« die Zeitschrift »Weltbühne« wieder aufleben lassen. Nun erhebt der Enkel des jüdischen Gründers schwere Vorwürfe gegen ihn

 20.06.2025

TV-Tipp

Robert Lembke: Schikaniert wegen seines jüdischen Vaters

Wer war der Moderator Robert Lembke? 70 Jahre nach dem Start der legendären Quizsendung »Was bin ich?« fasziniert das Dokudrama »Robert Lembke – Wer bin ich?«. Ein Schatz in der ARD-Mediathek

von Gregor Tholl  20.06.2025

Ausstellung

Die Schocken-Show

Das Jüdische Museum Berlin ehrt den Unternehmer und Verleger Salman Schocken dank eines Stars der US-Literatur

von Sophie Albers Ben Chamo  19.06.2025

Kulturkolumne

Zwischen Kotel und Kotti

Wie KI unseren Autor berühmt machte

von Eugen El  19.06.2025

FU Berlin

Sparmaßnahmen an Berliner Hochschulen treffen wohl auch Judaistik

An der Freien Universität ist unklar, ob eine Professur neu besetzt wird.

 19.06.2025

Fürth

Jüdisches Museum sucht geraubte kleine Dame

Man werde für eine Suchaktion an alle bekannten Kunstgalerien Flyer schicken und eine Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung aufgeben

 18.06.2025

Sachbuch

Zweistaatenlösung, erster Versuch

Oren Kessler zeigt, wie sich bereits 1936 ein Grundmuster des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern herausbildete

von Ralf Balke  18.06.2025

Zahl der Woche

8. Platz

Fun Facts und Wissenswertes

 18.06.2025