Finale

Der Rest der Welt

So erholt wie jetzt bin ich noch nie aus dem Urlaub zurückgekommen: zwei Wochen ohne Nachrichten,
E-Mails und Handy – dafür Küstenwanderungen, Fahrradtouren, Rumhängen am Swimmingpool und Meeresrauschen beim Einschlafen.

Ja, ich gebe es offen zu: Wir waren nicht in Israel, sondern als Pauschaltouristen in Malle, dem 17. Bundesland der Germanen. Mittelmeer und Strand, aber kein Nahostkonflikt! Keine Diskussionen über Bibis deprimierende Koalitionsgespräche, keine Verwandtenbesuche quer durchs Land, keine Großfamilien mit kreischenden Kindern im Restaurant.

Halbpension Stattdessen: Halbpension und deutsche Kleinfamilien mit einem, maximal zwei Kindern und Eltern, die sich in Versuchen überboten, die Sprösslinge zu disziplinieren, wenn Klein-Maximilian oder Klein-Leonhard die dritte Portion Eis vom Buffet holen wollte (»Noch einmal, und du gehst sofort auf dein Zimmer!«).

In der Abendsonne habe ich im Geiste die Deutschen durch Israelis ersetzt. Vor meinem Auge erschienen Pauschaltouristen aus Bat Yam und Beit Schean, die sich am Buffet prügelten, Besteck mitgehen ließen und versuchten, die Waschbecken in ihren Zimmern abzumontieren. Trotzdem: Nach ein paar Tagen habe ich ein gewisses nahöstliches Temperament vermisst.

Denn der deutsche Tourist – jedenfalls in unserem Urlaubsressort – kann so reserviert sein, dass mich manchmal beim Essen an unserem Kleinfamilientisch eine gewisse Schwermut überfiel, trotz der wunderbaren Fisch- und Fleischauswahl.

Esslingen Israelis hätten sich am ersten Abend an der Bar verbrüdert und Erlebnisse aus dem Anti-Terror-Kurs in der Armee zum Besten gegeben – nicht wie unsere gesetzten Mit-Urlauber aus Bremerhaven und Esslingen, die eine Woche brauchten, um sich aus dem Kleinfamilienschema zu lösen und andere Familien an ihren Tisch einzuladen.

Auch in der Vorsaison war unser Strand fest in deutscher Hand – doch viele Deutsche möchten offenbar auch als Pauschalurlauber Individualisten bleiben. Sie wollen unter ihresgleichen sein, sich aber auch von allen anderen abheben – ich schließe mich da gar nicht aus.

Auch wenn wir die Pauschalreise mit Kinderbetreuung vor allem gebucht haben, damit unser Einzelkind Anschluss findet. Zum Glück ist mein sechsjähriger Sohn mehr als kontaktfreudig. Er eroberte das Herz eines schüchternen Mädchens aus Schwaben – und schloss tiefe Freundschaft mit einer Gleichaltrigen aus Brandenburg.

Computer Schon nach wenigen Tagen fand er Frühstück und Abendessen mit Eltern langweilig und saß nur noch bei seinen neuen Freundinnen (ihre Telefonnummern hat er umgehend in seinen Kindercomputer eingespeichert).

Als wir die Koffer für die Heimreise packten, vergoss er bittere Tränen. »Können wir jedes Jahr nach Mallorca fahren?«, fragte er. Aber man will sich im Urlaub doch nicht immer nur erholen. In diesem Sinne: Nächstes Jahr in Herzliya!

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 22. Mai bis zum 29. Mai

 21.05.2025

Sachbuch

Studierende und die deutsch-israelische Diplomatie: »Reparationen kein Ersatz für Anerkennung«

In diesem Jahr wird die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel vor 60 Jahren gefeiert. Die Entwicklung hatte Vorläufer auch an Universitäten, wie ein neues Buch zeigt

von Leticia Witte  21.05.2025

Studie

Nur geringes Vertrauen in Nahost-Berichterstattung

Lediglich 27 Prozent der Befragten gaben in einer Studie an, sie würden den Berichten über Israel und Gaza »voll und ganz« oder überwiegend vertrauen

 21.05.2025

Zahl der Woche

0,794 Prozent

Fun Facts und Wissenswertes

 21.05.2025

Literatur

»Ginsterburg«: Arno Frank über eine Kleinstadt zur NS-Zeit

Der Roman fokussiert sich auf die Jahre 1935, 1940 und 1945. In dieser Zeit verändert sich das Leben der Menschen in einer fiktiven deutschen Kleinstadt grundlegend

von Sibylle Peine  21.05.2025

München/Oswiecim

Leon Kahane warnt vor einer gedankenlosen Gedenkkultur

Gewalt als Garant für Tiefe? Ein Künstler sieht das kritisch. Werke über Auschwitz seien möglich, müssten aber behutsam entstehen: Sonst drohe das Gedenken zur hohlen Geste zu werden

von Paula Konersmann  21.05.2025

Dortmund

»United in Hearts«: Jewrovision 2025 hat Motto und Termin

Die Jewrovision, angelehnt an den Eurovision Song Contest, ist ein fester Termin für viele jüdische Jugendliche. Sie tanzen und singen um den Sieg bei dem bundesweiten Wettbewerb - dieses Jahr im Ruhrgebiet

von Leticia Witte  20.05.2025

NS-Raubkunst

Doch keine Einsicht

Noch vor kurzem versprach Bayerns Kunstminister Markus Blume »Transparenz und Tempo«. Jetzt verweigert er den Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim die Akteneinsicht

von Michael Thaidigsmann  19.05.2025

ESC

Israel im Visier: Debatte um Publikumsvoting bei ESC entbrannt

Eine Musikshow wird zur Staatsaffäre: In Spanien schlagen die Wellen nach dem ESC-Finale hoch. Es geht unter anderem um das Publikumsvoting. Fragen kommen aber auch aus einem anderen Land

von Marek Majewsky  19.05.2025