Finale

Der Rest der Welt

Kennen Sie das Problem? Einer nach dem anderen ihrer sogenannten langjährigen »Freunde« lässt Sie wissen: »Wir sind dann mal weg!« Und das Nächste, was sie von den frisch gebackenen Olim mitkriegen, sind Facebook-Fotos von der Grillparty am Strand von Rischon.

Die Alija-Welle hat bereits 50 Prozent meines Freundeskreises überrollt. Ganz zu schweigen von Alains, meines Göttergatten, Geschwistern und Cousins. Traditionellerweise kommen aber alle ausgewanderten Schäfchen einmal im Jahr nach Hause an Mamas Futtertrog – besser gesagt zum kalten Buffet von Blintzes, Käsekuchen und Paschtida. Nämlich zu Schawuot, denn dann sind die Flüge billiger als zu Pessach.

Kibbuznik Der Empfang ist jedes Mal triumphal, die Heimkehrer werden auf Händen getragen, ihre Babys mit Geschenken überhäuft, ihre Ehemänner geherzt und geknuddelt – ob sie es wollen oder nicht. Und jetzt ist es wieder einmal so weit: Alains Schwester Natascha, das allgemein anerkannte Idol der Familie, hat sich angesagt mit Ehemann Schlomi, einem echten Kibbuznik.

Meine Tochter Emma fiebert der Ankunft des Fluges aus Tel Aviv seit Wochen entgegen, denn sie ist Nataschas größter Fan. Ihr Zimmer schmücken überlebensgroße Natascha-Poster und sorgsam gehütete Natascha-Reliquien wie halb leere Nagellackfläschchen, Lipgloss und Lockenwickler. Die beiden skypen fast täglich, wobei Emma stundenlang verliebt am Bildschirm klebt.

Die Wiedersehensszenen sind rührend: Emma hängt an Natascha wie eine Klette und beschließt, ab sofort nur noch in Nataschas Bett zu schlafen, auf ihrem Schoß zu sitzen und baldmöglichst eine Adoption zu beantragen. Und weil Emma alles toll findet, was Natascha toll findet, ist Nataschas Ehemann Schlomi bald auch Emmas neue Nummer eins. Sie füllt ihm persönlich die Blintzes, trägt ihm seinen Tallit-Beutel und himmelt ihn an. Wobei die beiden die ganze Zeit über alle möglichen wichtigen Dinge tuscheln. »Was haben die da eigentlich zu besprechen?«, frage ich mich. Die Antwort lässt nicht auf sich warten. »Eure Tochter«, eröffnet mir Schlomi, »hat beschlossen, Alija zu machen.«

Käsekuchen Mir bleibt der Käsekuchen im Hals stecken. »Ihr kommt natürlich mit«, beruhigt uns Schlomi. »Alles ist schon organisiert. Wohnen könnt ihr erstmal hinter dem Haus meiner Eltern im Kibbuz. Alain kann ja anfangs auf der Hühnerfarm arbeiten, und du kannst den Kindergartentanten zur Hand gehen. Ihr dürft sogar ab und zu mein Auto benutzen!« Emma sieht mich mit großen, feuchten, flehenden Augen an.

Wie die Geschichte weitergeht? Keine Ahnung, die Bewerbungsgespräche mit dem Kibbuz laufen noch. Die Aufnahmegebühr beträgt 50.000 Euro, also müssen wir erst mal unsere Wohnung verkaufen, außerdem hat Alain gerade einen Grundkurs »Hühnerzucht« belegt, und ich habe eine Jahrespackung Valium bestellt. Ich melde mich, sobald wir angekommen sind.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025