Redezeit

»Der Name hat uns neugierig gemacht«

Avi (l.) und Omer Avital Foto: Andreas Caspari

Herr Avital, Avi und Sie sind trotz des gemeinsamen Nachnamens nicht miteinander verwandt. Wie haben Sie sich kennengelernt?
Omer: Wir haben die gleichen jüdisch-marokkanischen Wurzeln, was sich nicht nur in unserer Musik spiegelt, sondern auch in unseren Nachnamen. Bevor die Avitals nach Israel kamen, hießen sie noch Abutbul, so wie auch einer unserer Songs.

Haben Sie sich in Israel getroffen?
Avi: Kennengelernt haben wir uns letztendlich an der Thelma Yellin Highschool in Givatayim, in der Cafeteria, die als Treffpunkt zwischen den klassischen Musikstudenten und den Jazzern im unteren Stockwerk fungierte. Die Neugier aufeinander wurde durch den gleichen Nachnamen geweckt, und wir wollten lange Zeit etwas Gemeinsames machen. Doch dann haben wir uns erst einmal wieder aus den Augen verloren. Omer Avital ist in New York zu einem der führenden israelischen Jazzbassisten und Oudspieler aufgestiegen, der kaum mehr Zeit hat für musikalische Ausflüge. Das Gleiche gilt für mich. Seit ich einen Vertrag bei der Deutschen Grammophon habe und in Berlin lebe, bin ich fast pausenlos unterwegs.

Wie kam es zum Projekt »Avital Meets Avital«?
Omer: Das erste Mal haben wir beim Musikfest Bremen im vergangenen Jahr zusammen gespielt. Seither gab es ein paar weitere Konzerte außerhalb Deutschlands, zum Beispiel beim Israelfestival in Jerusalem und Holon im Mai. Doch erst jetzt kommt das Projekt so richtig in Fahrt.

Wie würden Sie Ihre Musik beschreiben?
Avi: Als Kind in Beer Sheva wuchs ich vor allem mit marokkanischer Musik auf. Mich hat geprägt, dass ich mit meinem Vater in die Synagoge gegangen bin und dort die religiösen marokkanischen Melodien des Kantors gehört habe. Das sind die ersten musikalischen Erfahrungen, die ich habe. Ich bin mir sicher, dass dieses marokkanische Erbe irgendwo in meiner DNA versteckt ist. Natürlich habe ich einen Großteil meines Lebens klassische Musik gemacht, habe als klassischer Mandolinespieler Karriere gemacht. Ich spielte Bach und Vivaldi und wurde sogar als erster Mandolinespieler für einen Grammy nominiert. Deshalb habe ich bis zum Avital-Meets-Avital-Projekt meine marokkanischen Wurzeln nie wirklich erforscht.

Omer, wie haben Sie Ihre jüdischen Wurzeln entdeckt?
Omer: Meine Großeltern waren zwar religiös, aber nicht orthodox. So kannte ich Religiösität von zu Hause, aber meine Eltern waren eher den Idealen des Zionismus zugewandt. Also kannte ich beide Seiten. Doch erst, als ich in New York lebte und anfing, Jazz zu spielen, begann ich, meine Wurzeln zu erforschen. Jeder in New York weiß, woher er kommt, und jeder hat seine persönliche Form der Identität. Also habe ich angefangen, tiefer zu graben und meine Eltern zu befragen. Je mehr ich anfing, mich in arabischer Musik und in der Nordafrikas zu bewegen, desto mehr habe ich die Verbindungen zum Jazz und anderer Musik realisiert.

Wie fühlt man sich als klassisch ausgebildeter Mandolinespieler in diesem Umfeld?
Avi: Die Schönheit der Mandoline besteht darin, dass man sie mit vielen musikalischen Traditionen verknüpfen kann. Nicht nur die italienische Mandoline. Diesen harten Plektrum-Sound kann man in fast allen Ländern finden, sei es in Italien oder auf dem Balkan. Sei es in Griechenland die Bouzouki oder der Oud in der arabischen Musik. Doch sogenannte jüdische Musik kenne ich auch noch aus einem anderen Grund. Vor sieben oder acht Jahren habe ich Giora Feidman getroffen. Ich habe ihn in seinem Haus nahe Tel Aviv besucht, habe ihm vorgespielt, und es hat sofort Klick gemacht. Wir haben den ganzen Nachmittag zusammen gespielt. Die Chemie zwischen uns hat gestimmt. Seitdem ist er einer meiner wichtigster Lehrer. Er ist mein Mentor, adoptierter Großvater, Kollege, Freund, alles zusammen.

Woher kennen Sie die beiden anderen Musiker der Band?
Omer: Mit dem Pianisten Omer Klein, der auch schon bei den Jüdischen Kulturtagen 2012 in Berlin gespielt hat, arbeite ich seit Jahren zusammen, und es gibt auch ein paar gemeinsame CDs von uns. Den Perkussionsspieler Itamar Doari kenne ich, weil er in meiner Band Yemen Blues gespielt hat. Er war von Anfang an dabei. Als Jazzer, zumal wenn du aus Israel kommst, kennt man sich untereinander. Kurioserweise ist Itamar Doari der einzige Israeli in unserer Band, der noch in seiner Heimat wohnt.

Mit Avi Avital und Omer Avital sprach Jonathan Scheiner.

»Avital Meets Avital« spielen im Rahmen der Jüdischen Kulturtage am 24. August um 20 Uhr in der Synagoge Rykestraße.

www.juedische-kulturtage.org

Genetik

Liegt es in der Familie?

Eierstockkrebs ist schwer zu erkennen. Warum ein Blick auf den Stammbaum nützen kann

von Nicole Dreyfus  23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Stefan Wimmer  23.11.2025

Aufgegabelt

Linsenpfannkuchen von König David

Rezept der Woche

von Jalil Dabit, Oz Ben David  22.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025