FU Berlin

Dan Diner erhält Ehrendoktorwürde

Dan Diner Foto: dpa

Der Historiker Dan Diner hat am Donnerstag in Berlin die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin (FU) erhalten. Damit würdigt die Universität die Studien des Wissenschaftlers, die zum Verständnis der weltgeschichtlichen Entwicklungslinien des 19. und 20. Jahrhunderts beigetragen haben, wie der frühere Staatsminister Knut Nevermann in seiner Laudatio hervorhob.

Diner habe mit seinem wissenschaftlichen Werk zu Bedeutung und Verständnis jüdischer Lebenswelten eine grundlegende Neuorientierung in den Geisteswissenschaften angestoßen, so Nevermann weiter. Seine Arbeiten zeigten nachdrücklich, wie Sprache vom unmittelbaren Medium der Erkenntnis zum Modus historischer Urteilskraft werden könne.

Algerien Dan Diner sprach in seinem Vortrag unter dem Motto »Algerische Ouvertüren« über den akademischen Widerstreit zwischen dem Historiker Pierre Nora und dem 2004 verstorbenen Philosophen Jacques Derrida. Leben und Werk der beiden jüdischen Wissenschaftler ist eng mit dem nordafrikanischen Staat verknüpft, der seit 1962 von Frankreich unabhängig ist.

Diner wurde 1946 in München geboren und gehört zu den wichtigsten Historikern der Gegenwart. Seit 2001 ist er Professor für Moderne Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem. Bis 2014 war er Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für Jüdische Geschichte und Kultur und Professor am Historischen Seminar der Universität Leipzig.

Werk Zu seinen wichtigsten Werken gehören Gedächtniszeiten – Über jüdische und andere Geschichten (2003), Gegenläufige Gedächtnisse. Über Geltung und Wirkung des Holocaust (2007) und Versiegelte Zeit. Über den Stillstand in der islamischen Welt (2005). Zuletzt ist von ihm Rituelle Distanz. Israels deutsche Frage (2015) erschienen. Darin beschäftigt er sich anlässlich des 50. Jubiläums der deutsch-israelischen diplomatischen Beziehungen mit der langsamen Annäherung beider Staaten nach der Schoa.

Mit der Ehrendoktorwürde zeichnet die FU Berlin seit ihrer Gründung im Jahr 1948 Persönlichkeiten aus, die als Wissenschaftler, Politiker, Künstler oder Publizist Herausragendes für ihr Fach geleistet haben. Zu den Ehrendoktoren der Universität gehören unter anderem Marcel Reich-Ranicki, Imre Kertész und Lise Meitner. ppe

Erinnerungskultur

»Algorithmus als Chance«

Susanne Siegert über ihren TikTok-Kanal zur Schoa und den Versuch, Gedenken neu zu denken

von Therese Klein  07.11.2025

Erinnerung

Stimmen, die bleiben

Die Filmemacherin Loretta Walz hat mit Überlebenden des KZ Ravensbrück gesprochen – um ihre Erzählungen für die Zukunft zu bewahren

von Sören Kittel  07.11.2025

New York

Kanye West bittet Rabbi um Vergebung

Der gefallene Rapstar Kanye West hat sich bei einem umstrittenen Rabbiner für seine antisemitischen Ausfälle entschuldigt

 07.11.2025

Rezension

Mischung aus Angst, alptraumhaften Erinnerungen und Langeweile

Das Doku-Drama »Nürnberg 45« fängt die Vielschichtigkeit der Nürnberger Prozesse ein, erzählt weitgehend unbekannte Geschichten und ist unbedingt sehenswert

von Maria Ossowski  07.11.2025

Interview

Schauspieler Jonathan Berlin über seine Rolle als Schoa-Überlebender und Mengele-Straßen

Schauspieler Jonathan Berlin will Straßen, die in seiner Heimat Günzburg nach Verwandten des KZ-Arztes Mengele benannt sind, in »Ernst-Michel-Straße« umbenennen. Er spielt in der ARD die Rolle des Auschwitz-Überlebenden

von Jan Freitag  07.11.2025

Paris

Beethoven, Beifall und Bengalos

Bei einem Konzert des Israel Philharmonic unter Leitung von Lahav Shani kam es in der Pariser Philharmonie zu schweren Zwischenfällen. Doch das Orchester will sich nicht einschüchtern lassen - und bekommt Solidarität von prominenter Seite

von Michael Thaidigsmann  07.11.2025

TV-Tipp

Ein Überlebenskünstler zwischen Hallodri und Held

»Der Passfälscher« ist eine wahre und sehenswerte Geschichte des Juden Cioma Schönhaus, der 1942 noch immer in Berlin lebt

von Michael Ranze  07.11.2025

Provenienzforschung

Alltagsgegenstände aus jüdischem Besitz »noch überall« in Haushalten

Ein Sessel, ein Kaffeeservice, ein Leuchter: Nach Einschätzung einer Expertin sind Alltagsgegenstände aus NS-Enteignungen noch in vielen Haushalten vorhanden. Die Provenienzforscherin mahnt zu einem bewussten Umgang

von Nina Schmedding  07.11.2025

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  07.11.2025