Sehen!

»Bucket List«

Foto: © Ivan Kravtsov

15 Jahre nach Dritte Generation ist Yael Ronen zurück an der Berliner Schaubühne, mit ihrem Stück Bucket List. Die 1976 in Jerusalem geborene Theaterregisseurin ist bekannt für rasante Polit-Komödien. Viele Jahre arbeitete sie am Berliner Maxim Gorki Theater, dem Zentrum des postmigrantischen Theaters.

Dort wurde nach dem 7. Oktober 2023 Ronens Nahoststück The Situation vom Spielplan genommen. Zum Lachen war niemandem mehr zumute. Den Schock spürt man auch in Bucket List, die Proben für das Musical haben kurz nach den Massakern begonnen.

Der Abend versucht nicht, die politische Lage im Nahen Osten oder hierzulande aufzuklären, sondern verweilt beim Schock des Einzelnen. Im ersten Lied geht es um Krieg, es folgen Songs über Wirklichkeitsverlust, Hilflosigkeit, Trennung und Trauma, manches wird – wie eine überdrehte Traumatherapie – persifliert, anderes wirkt eher sehnsüchtig und traurig.

Damian Rebgetz, Moritz Gottwald, Carolin Haupt und Ruth Rosenfeld tanzen über das futuristische Bühnenbild, begleitet von einer Live-Band. Sie wirken wie Verlorene, die sich mit ihren Liedern etwas Mut machen. Die feinen Kompositionen stammen von Shlomi Shaban, mit dem Ronen bereits bei dem Cancel-Culture-Musical Slippery Slope zusammengearbeitet hat.

Bucket List, was so viel wie Wunschzettel heißt, ist viel leiser und zurückgezogener, auch ratloser als Slippery Slope. »You never stop imagining«, heißt es am Ende. Doch was hört man sich nie auf vorzustellen? Dass es doch ein Happy End gibt, auf der Bühne oder in Israel und im Nahen Osten? Ronen lässt es im Unklaren, es ist kein Abend für große politische Verlautbarungen, sondern einer für tiefe Zweifel und seelische Verletzungen. Für Ronen ist das ein neuer Ton, den man so von ihr kaum kennt. Es wirkt, als hätte sie etwas von ihrem Witz verloren.

Mit Dritte Generation wurde Ronen in Deutschland bekannt, die rücksichtslose Komödie über Israelis und Palästinenser viele Jahre nach der Schoa, der Gründung Israels, dem Krieg mit den arabischen Staaten, der Nakba genannten Flucht und Vertreibung rüttelte auf. Dass Ronen mit dem sehnsüchtigen Musical Bucket List an die Schaubühne zurückkehrt, hätte man sich kaum vorstellen können. So sehr haben sich die Zeiten geändert.

Das Stück wird von 14. bis 16. Januar, am 29. Februar und Anfang März gespielt.

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  25.12.2025

ANU-Museum Tel Aviv

Jüdische Kultobjekte unterm Hammer

Stan Lees Autogramm, Herzls Foto, das Programm von Bernsteins erstem Israel-Konzert und viele andere Originale werden in diesen Tagen versteigert

von Sabine Brandes  25.12.2025

Menschenrechte

Die andere Geschichte Russlands

»Wir möchten, dass Menschen Zugang zu unseren Dokumenten bekommen«, sagt Irina Scherbakowa über das Archiv der von Moskau verbotenen Organisation Memorial

 25.12.2025

Rezension

Großer Stilist und streitbarer Linker

Hermann L. Gremliza gehört zu den Publizisten, die Irrtümer einräumen konnten. Seine gesammelten Schriften sind höchst lesenswert

von Martin Krauß  25.12.2025

Glastonbury-Skandal

Keine Anklage gegen Bob-Vylan-Musiker

Es lägen »unzureichende« Beweise für eine »realistische Aussicht auf eine Verurteilung« vor, so die Polizei

 24.12.2025

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Timothée Chalamet – der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars, der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025