Finale

Benis Welt

Ein jedes Ding hat seine Zeit, wie schon der weise Salomo wusste. Unsere Tochter ist jetzt zwei Jahre alt. Langsam sollte sie nicht mehr in die Hosen machen. Sie hat seit ihrer Geburt mindestens drei Windeln täglich verbraucht. Das ist auch eine Frage des Geldes: Pampers fallen nicht vom Himmel.

Ich habe lange überlegt, wie wir dem Kind beibringen können, endlich auf die Toilette zu gehen. Mir fiel die Katze ein, die ich als Kind hatte. So weit ich mich erinnern kann, wurde das Tier, nachdem es auf die Vorhänge gepinkelt und in die väterlichen Pantoffeln gekackt hatte, von meiner Mutter ein paar Mal mit der Schnauze ins Katzenklo gestupst, bis es begriff, dass das so nicht geht.

Mit unserer Prinzessin kann man aber so was natürlich nicht machen. Schon allein wegen der Boulevardpresse. Man stelle sich vor, die bekäme das spitz: »Rabenvater steckt süßes kleines Kind ins Klo!« Wenn dann noch mein Name in der Schlagzeile stünde, würde es am Ende wieder heißen: »Jaja, die Juden!«

in die hosen Andererseits ist es aber auch sehr anstrengend, wenn die Tochter nach Lust und Laune in die Hosen, auf unser Sofa, in den Garten, kurz, überall hinkackt, nur nicht ins Klo. Aber wozu bin ich Lehrer? Ich bringe meinen Schülern Satzbau und Grundrechenarten bei, da sollte doch der Gang zum stillen Örtchen ein Katzenpups sein. Im Unterricht arbeite ich erfolgreich mit Be- lohnungen, oder, wie wir Pädagogen sagen, positiver Verstärkung. Bei meiner Tochter aber fruchteten weder Sandmann noch Gummibärchen oder Hoppe-Hoppe-Reiter. Zwar konnte ich sie mühsam dazu bewegen, sich dreimal täglich wenigstens auf die Brille zu setzen. Dort saß sie dann, trällerte Lieder, blockierte ewig die Toilette, ließ niemanden rein. Nur kam so gut wie nichts dabei heraus. Und hinterher machte das Mädchen umso fröhlicher wieder in die Hosen.

Bis vorige Woche. Da saß mein Töchterlein wieder mal eine Viertelstunde auf der Schüssel und machte Pipi. Ich guckte das Resultat an – es war in etwa die Menge, die in ein Schnapsglas beim Kiddusch passt – und sagte ironisch »Masel Tov!« Und da geschah es. Das Kind sprang fröhlich auf, rannte durch unsere kleine Wohnung und schrie fröhlich: »Masel Tov! Masel Tov!«.

Seither klappt es endlich mit dem Klo. Jedes Mal, wenn die Kleine ihr Geschäft verrichtet hat – und das geschieht jetzt immer zuverlässiger – tanzen wir beide hinterher durch die Wohnung und singen aus Leibeskräften das schöne Lied »Siman Tov und Masel Tov!« Der Nachbar klopft dann immer heftig gegen die Wand, worauf meine Tochter noch lauter »Masel Tov!« kreischt. Manchmal habe ich zwar leichte Skrupel: Darf man ein traditionelles Hochzeitslied ausgerechnet fürs Toilettentraining trivialisieren? Doch dann denke ich an das viele Geld, das wir jetzt nicht mehr für Pampers ausgeben müssen: Masel Tov!

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  25.12.2025

ANU-Museum Tel Aviv

Jüdische Kultobjekte unterm Hammer

Stan Lees Autogramm, Herzls Foto, das Programm von Bernsteins erstem Israel-Konzert und viele andere Originale werden in diesen Tagen versteigert

von Sabine Brandes  25.12.2025

Menschenrechte

Die andere Geschichte Russlands

»Wir möchten, dass Menschen Zugang zu unseren Dokumenten bekommen«, sagt Irina Scherbakowa über das Archiv der von Moskau verbotenen Organisation Memorial

 25.12.2025

Rezension

Großer Stilist und streitbarer Linker

Hermann L. Gremliza gehört zu den Publizisten, die Irrtümer einräumen konnten. Seine gesammelten Schriften sind höchst lesenswert

von Martin Krauß  25.12.2025

Glastonbury-Skandal

Keine Anklage gegen Bob-Vylan-Musiker

Es lägen »unzureichende« Beweise für eine »realistische Aussicht auf eine Verurteilung« vor, so die Polizei

 24.12.2025

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Timothée Chalamet – der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars, der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025