Finale

Benis Welt

Nächstes Jahr werde ich 34 Jahre alt. 34 hat den hebräischen Zahlenwert von »Hedjot«. »Hedjot« heißt auf Deutsch normal, gewöhnlich. Vielleicht stammt das Wort Idiot davon ab. Der Zufall will es, dass in der Schweiz 34-Jährige aus der Wehr- und Reservedienstpflicht entlassen werden und fortan nur noch gewöhnliche Zivilisten, also Normalos, sind. Somit leiste ich gerade meinen letzten Dienst am Vaterland. Drei Wochen lang lebe ich in einer Kaserne und sortiere dort Uniformteile. Ich stehe vor einem enorm hohen Turm schmutziger Militärmäntel, öffne die Taschen und schmeiße sie entweder nach links oder rechts. Warum der eine Mantel nach links fliegt und der andere nach rechts, werden Sie von mir nicht erfahren. Ein bisschen Militärgeheimnis muss sein. Aber so viel will ich verraten: Ziemlich jeder Mantel stinkt nach ungewaschenen Socken oder schlimmer.

kameraden Zum Glück arbeite ich nicht solo. Ein Lastwagenfahrer und ein Investmentbanker helfen mir und vertreiben die Langeweile. Denn wenn ich auch ein feuriger Patriot bin: Drei Wochen lang die gleiche tumbe Tätigkeit zu verrichten, das könnte selbst Wilhelm Tell nicht alleine. Andererseits hat diese immergleiche Arbeit eine entspannende Wirkung. Frauen kennen das vielleicht vom Haushalt. Ich schalte mein Gehirn aus und denke an schöne Sachen. Mir kommt meine Frau in den Sinn. Behutsam nehme ich einen Mantel in die Hand und berühre ihn sanft. Langsam gleite ich mit meinen Fingern den Reißverschluss hinab und entferne vorsichtig das Namensschild »A. Knöpfli«. Dann schaue ich nach, ob der Kamerad Knöpfli vielleicht etwas in den Taschen vergessen hat. Einmal, so geht die Sage, soll ein Soldat eine Hundertfrankennote gefunden haben. Ich fand bisher leider nur benutzte Taschentücher und Kaugummi.

Aber ich will nicht maulen. Im Prinzip ist die Schweizer Armee sehr easy. Wir dürfen Musik hören, während der Arbeit rauchen, Pausen überziehen, telefonieren. Nur eines ist ganz, ganz wichtig. Um acht Uhr morgens muss jeder Soldat pünktlich zum Dienst erscheinen. Das macht mir ein bisschen Sorge. Weil ich ja auch manchmal an Gott und Moschiach denke. Wäre es nicht dumm, wenn ausgerechnet während dieser Wehrübung der Erlöser käme? Klar, im ersten Moment würde ich auf der Straße tanzen. Aber am nächsten Morgen müsste ich trotzdem um acht Uhr wieder in der Kaserne er-scheinen und Militärmäntel sortieren. Dienst ist Dienst. Besser, der Moschiach kommt am Wochenende. Oder nächstes Jahr, wenn ich 34 bin.

Aufgegabelt

Plätzchen mit Halva

Rezepte und Leckeres

 05.12.2025

Kulturkolumne

Bestseller sind Zeitverschwendung

Meine Lektüre-Empfehlung: Lesen Sie lieber Thomas Mann als Florian Illies!

von Ayala Goldmann  05.12.2025

TV-Tipp

»Eigentlich besitzen sie eine Katzenfarm« - Arte-Doku blickt zurück auf das Filmschaffen von Joel und Ethan Coen

Die Coen-Brüder haben das US-Kino geprägt und mit vielen Stars zusammengearbeitet. Eine Dokumentation versucht nun, das Geheimnis ihres Erfolges zu entschlüsseln - und stößt vor allem auf interessante Frauen

von Manfred Riepe  05.12.2025

Köln

Andrea Kiewel fürchtete in Israel um ihr Leben

Während des Krieges zwischen dem Iran und Israel saß Andrea Kiewel in Tel Aviv fest und verpasste ihr 25. Jubiläum beim »ZDF-Fernsehgarten«. Nun sprach sie darüber, wie sie diese Zeit erlebte

 05.12.2025

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Antisemitismus

Schlechtes Zeugnis für deutsche Schulen

Rapper Ben Salomo schreibt über seine Erfahrungen mit judenfeindlichen Einstellungen im Bildungsbereich

von Eva M. Grünewald  04.12.2025

Literatur

Königin Esther beim Mossad

John Irvings neuer Roman dreht sich um eine Jüdin mit komplexer Geschichte

von Alexander Kluy  04.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter, Imanuel Marcus  04.12.2025