documenta

»Aufsichtsrat und Gesellschafter sind die falschen auf diesen Posten«

Volker Beck, Bundestagsabgeordneter der Grünen Foto: dpa

Der Grünen-Politiker und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, hat dem Aufsichtsrat der documenta erneut Nichthandeln vor dem Hintergrund der Antisemitismus-Eklats vorgeworfen.

Die nach dem Rücktritt der Generaldirektorin Sabine Schormann beschlossenen Schritte kämen zu spät. »Jetzt will man eine wissenschaftliche Begleitung, einen Monat nach der Eröffnung«, sagte Beck der »Hessisch/Niedersächsischen Allgemeinen« (HNA, Donnerstag).

Bereits vor Beginn der documenta fifteen in Kassel waren Antisemitismus-Vorwürfe gegen das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa laut geworden. Jüdische Künstler aus Israel wurden bewusst nicht eingeladen.

Kurz nach der Eröffnung der Schau, die neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst gilt, wurde eine massiv antisemitische Arbeit entdeckt: Das Banner »People’s Justice« des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi wurde erst verhüllt und dann abgehängt.

»Warum hat man sich nicht schon im Januar dafür entschieden, als es die ersten Warnungen gab? Es gab keine Sicherungen«, kritisierte Beck. Solche Maßnahmen - wie die nun angekündigte fachwissenschaftliche Begleitung - verbindlich einzufordern, sei Aufgabe des Aufsichtsrates gewesen.

Dessen Rücktritt hatte der DIG-Präsident bereits kurz nach dem Eklat gefordert. Freiwillig werde das Gremium wohl nicht zurücktreten, sagte er jetzt. »Trotzdem: Wenn der Aufsichtsrat und die Gesellschafter ein halbes Jahr brauchen, um tätig zu werden, sind sie die falschen auf diesen Posten.«

Zudem brachte Beck erneut einen Neubeginn der Schau außerhalb Kassels ins Spiel. »Man kann die Serien der documenta auch als Gesamtkunstwerk lesen«, sagte Beck. Auf der ersten documenta seien jüdische Opfer der Schoa von einem Nazi aussortiert worden.

Auf der documenta fifteen feiere die anti-israelische Boykottbewegung BDS ihre Ausschlusspolitik. »Vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn die documenta woanders weitergehen würde.« dpa

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025