Lumír Ondrej Hanuš

»Auch Tabak ist eine gefährliche Droge«

Hanf-Pflanzen Foto: imago

Herr Hanuš, Sie haben als einer von zwei israelischen Wissenschaftlern am Wochenende an der Jamaica Cannabis Conference teilgenommen. Wie wird die Legalisierung von Cannabis in Israel derzeit diskutiert?
Im Moment ist jegliche Verwendung illegal. Die einzig legale Art und Weise, die Substanz zu verwenden, bezieht sich auf Patienten der Medizin, die eine besondere Erlaubnis dafür haben. Ich denke, dass es zu keiner vollen Legalisierung kommen wird.

Ein Ziel der Konferenz ist es, ein Papier zu verabschieden, das Cannabis sowohl für den medizinischen als auch für den nicht medizinischen Gebrauch freigibt. Wie stehen die Chancen für ein solches Abkommen?
Nach meiner Erfahrung ist das in keinem Land einfach. Ich hoffe, dass medizinisches Cannabis für Patienten in Jamaika legalisiert wird. Jede Regierung sollte verstehen, dass die Substanz manchmal die letzte Chance für einen Kranken ist. Menschenleben zu retten, ist wichtig. Und jede Regierung wird daran gemessen, wie sie ihre Bürger behandelt. Das allerdings bedeutet nicht, dass Cannabis automatisch legalisiert wird.

Sie unterstützen den legalen Absatz von Cannabis für medizinische Zwecke. Warum?

Die Antwort ist sehr einfach. Es gibt viele Krankheiten, bei denen Ärzte oder eine konventionelle Behandlung dem Patienten einfach nicht mehr helfen. In diesen Fällen medizinisches Cannabis zu verschreiben, ist absolut notwendig. Medizinisches Cannabis hat im Vergleich zu vielen legalen Tabletten keine gefährlichen Nebeneffekte. Und wenn es nicht anschlagen sollte, dann schadet es der Person auch nicht.

Wie genau kann medizinisches Cannabis beim Heilungsprozess im Gegensatz zu herkömmlichen Medikamenten helfen?
Wenn es dazu kommt, dass man medizinisches Cannabis nutzen muss, dann hilft es dem Patienten in vielen Fällen sofort. Da die Pflanze an sich verboten ist, ist unser Wissen dahingehend noch nicht auf dem notwendigen Level. Und es zu benutzen, ist nur unter palliativen Belangen erlaubt. Ich bin sicher, dass es in vielen Fällen auch kurative Medizin ist.

Nun gibt es das Argument, dass Cannabis viel gefährlicher sei als zum Beispiel Alkohol oder Zigaretten. Was entgegnen Sie in so einem Fall?
Das liegt nur an der Uninformiertheit der Öffentlichkeit. Viele Leute sehen Cannabis als gefährlich an. Das allerdings stimmt nicht. Von Alkohol wird man physisch und psychisch abhängig. Bei Cannabis gibt es nur eine schwache psychologische Abhängigkeit, und die resultiert wahrscheinlich daraus, dass man den Stoff mit Tabak kombiniert. Tabak ist eine richtig gefährliche Droge.

Sollte Cannabis demnach überall freigegeben werden?
Medizinisches Cannabis sollte überall legal sein. Ich bin gegen eine volle Freigabe wegen einer gewissen Gefahr bei Menschen, die noch in der Entwicklung sind. Aber es ist nun mal eine Tatsache, dass, wenn Tabak verboten und Cannabis legal wäre, die Welt gesünder wäre.

Mit dem Wissenschaftler sprach Katrin Richter.

Lumír Ondrej Hanuš wurde 1947 in Tschechien geboren und ist ein analytischer Chemiker und Research Fellow der Hebräischen Universität, der über viele Jahre mit dem bekannten Wissenschaftler Raphael Mechoulam zusammengearbeitet hat. Hanuš erforscht Cannabinoide und Endocannabinoide.

Biografie

Schauspieler Berkel: In der Synagoge sind mir die Tränen geflossen 

Er ging in die Kirche und war Messdiener - erst spät kam sein Interesse für das Judentum, berichtet Schauspieler Christian Berkel

von Leticia Witte  11.07.2025

TV-Tipp

Der Mythos Jeff Bridges: Arte feiert den »Dude«

Der Weg zum Erfolg war für Jeff Bridges steinig - auch weil der Schauspieler sich gegen die Erfordernisse des Business sträubte, wie eine Arte-Doku zeigt. Bis er eine entscheidende Rolle bekam, die alles veränderte

von Manfred Riepe  11.07.2025

Thüringen

Yiddish Summer startet mit Open-Air-Konzert

Vergangenes Jahr nahmen rund 12.000 Menschen an den mehr als 100 Veranstaltungen teil

 11.07.2025

Musik

Nach Eklat: Hamburg, Stuttgart und Köln sagen Bob-Vylan-Auftritte ab

Nach dem Eklat bei einem britischen Festival mit israelfeindlichen und antisemitischen Aussagen sind mehrere geplante Auftritte des Punk-Duos Bob Vylan in Deutschland abgesagt worden

 10.07.2025

Agententhriller

Wie drei Juden James Bond formten

Ohne Harry Saltzman, Richard Maibaum und Lewis Gilbert wäre Agent 007 möglicherweise nie ins Kino gekommen

von Imanuel Marcus  12.07.2025 Aktualisiert

Kulturkolumne

Bilder, die bleiben

Rudi Weissensteins Foto-Archiv: Was die Druckwelle in Tel Aviv nicht zerstören konnte

von Laura Cazés  10.07.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  10.07.2025

Ethik

Der Weg zum Glück

Nichts ist so flüchtig wie der Zustand großer Zufriedenheit. Doch es gibt Möglichkeiten, ihn trotzdem immer wieder zu erreichen – und Verhaltensweisen, die das Glück geradezu unmöglich machen

von Shimon Lang  10.07.2025

Essay

Das Jewish-Hollywood-Paradox

Viele Stars mit jüdischen Wurzeln fühlen sich unter Druck: Sie distanzieren sich nicht nur von Israel und seiner Regierung, sondern auch von ihrem Judentum. Wie konnte es so weit kommen?

von Jana Talke  10.07.2025