Wuligers Woche

»Alexa, sag’ was über Juden«

Vorschlag: Die Öffentlichkeitsarbeit wird ab jetzt vom digitalen Sprachassistenten Alexa erledigt. Foto: Getty Images / istock

Künstliche Intelligenz ist auch in Deutschland auf dem Vormarsch. An der Spitze der technologischen Innovation steht dabei Rheinland-Pfalz. Die Regierung des siebtgrößten Bundeslandes hat in einem Feldversuch teure Pressereferenten- und Redenschreiberstellen in der Verwaltung gestrichen. Statt durch Beamte der Besoldungsgruppen A13 und A14 mit Gehältern zwischen 4800 und 5800 Euro monatlich werden die anliegenden Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit jetzt vom digitalen Sprachassistenten Alexa von Amazon erledigt (Preis 99,99 Euro pro Stück).

Erstmals zum Einsatz kam die neue, kostensparende Technologie vergangene Woche in Mainz anlässlich der Fachtagung »Antisemitismus als Herausforderung für die Politische Bildung«, veranstaltet von der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Der Pressetext zu der Veranstaltung wurde mithilfe von bei Amazon Echo gespeicherten Standardsätzen erstellt.

»Alexa, sag’ etwas zu Antisemitismus.« – »Antisemitismus darf in unserer Gesellschaft nie wieder Platz finden. Wir müssen deshalb jedem Auftreten von Antisemitismus entschieden entgegentreten.«

grusswort »Hervorragend, Alexa. Das nehmen wir für das Grußwort der Ministerpräsidentin. Einen weiteren Satz brauchen wir aber noch. Irgendwas Menschelndes, mit Juden.« – »Menschen jüdischen Glaubens müssen ohne Angst und Sorge in unserem Bundesland leben können.«

»Prima, Alexa. Als Nächstes bitte ein Statement der Bildungsministerin.« – »Das Engagement für unsere demokratische Gesellschaft und gegen jede Form eines alten oder neuen Antisemitismus gehören untrennbar zusammen. Der Holocaust ist der lange Schatten, der über unserer Geschichte liegt und der uns für alle Zeit Auftrag sein muss und sein wird: zu erinnern und nie wieder zuzulassen.«

»Perfekt, Alexa! Besser kann man es nicht ausdrücken. Es fehlt nur noch etwas Fachliches.« – »Wir müssen unsere demokratischen Grundwerte kompromisslos verteidigen, aktiv leben und entschlossen stärken. Da braucht es vor allem eines: Bildung. Um das zu gewährleisten, machen wir unsere Schulen in Rheinland-Pfalz noch stärker.«

gesellschaft »Wunderbar, Alexa. Jetzt noch ein paar Worte vom Chef. Alexa, was sagt der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung?« – »Der Antisemitismus ist nicht nur eine Sache der Juden, sondern von uns allen. Und da ist nicht nur Haltung, sondern auch Hinsehen und Handeln gefragt. Judenfeindschaft und Hetze existiert nicht nur an den Rändern, sie existieren auch in der Mitte der Gesellschaft.«

»Grammatisch nicht ganz korrekt, Alexa, aber brauchbar. Jetzt hätten wir fast alles. Es fehlt nur noch eine Überschrift. Alexa, ein Motto für den Kampf gegen Antisemitismus!« – »Entschiedenes Handeln ist eine Verpflichtung.« – »Ja, das ist gut! Das groovt: ›Entschiedenes Handeln ist eine Verpflichtung – Fachtagung in Mainz befasst sich mit dem Antisemitismus als Herausforderung für die Politische Bildung‹. So kann das jetzt raus an die Medien.«

Alle Zitate wortwörtlich entnommen aus der Pressemitteilung des Ministeriums.

https://bit.ly/2Sd4Skx

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  19.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Magdeburg

Telemann-Preis 2026 für Kölner Dirigenten Willens

Mit der Auszeichnung würdigt die Landeshauptstadt den eindrucksvollen Umgang des jüdischen Dirigenten mit dem künstlerischen Werk Telemanns

 19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Kino

Unter erschwerten Bedingungen

Das »Seret«-Festival zeigt aktuelle israelische Filmkunst in Deutschland – zum ersten Mal nur in Berlin

von Chris Schinke  19.11.2025

Bonn

Bonner Museum gibt Gemälde an Erben jüdischer Besitzer zurück

Das Bild »Bäuerliches Frühstück« aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird restituiert

 19.11.2025

Perspektive

Humor hilft

Über alles lachen – obwohl die Realität kein Witz ist? Unsere Autorin, die israelische Psychoanalytikerin Efrat Havron, meint: In einem Land wie Israel ist Ironie sogar überlebenswichtig

von Efrat Havron  19.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025