Sehen!

»After Halle«

Acrylglastafel mit Triage-Formular: »After Halle« Foto: Odessa Nomadic

Sehen!

»After Halle«

In einer Klanginstallation sind Stimmen von Überlebenden des Anschlags 2019 auf die Synagoge zu hören

von Eugen El  19.02.2022 20:58 Uhr

Ein Summen erklingt, ein Gesang ohne Worte. Erst hört man eine markante, tiefe männliche Stimme, irgendwann kommt eine zarte, fragile Frauenstimme hinzu, hin und wieder sind weitere zu hören. Für einen kurzen Moment entsteht ein Chor, bis dann wieder eine einzelne Stimme den Klangeindruck dominiert.

Was der Besucher der noch bis 17. April laufenden Kabinettausstellung im Jüdischen Museum Frankfurt zu hören bekommt, wirkt beruhigend und fast meditativ. Es sind Nigunim: Gesänge, die am Ausgang von Jom Kippur in der Synagoge erklingen, bevor die Gemeinde das Fasten bricht. So erscheint es folgerichtig, dass das Kabinett, das die besagte Klanginstallation beherbergt, auf mehrere Räume der Dauerausstellung folgt, die sich jüdischer Tradition sowie Ritualen und deren individueller und gemeinschaftlicher Ausübung widmen.

klangraum Doch Talya Feldmans Klangraum ist mehr als eine bloße Reminiszenz an synagogale Gesangspraktiken am höchsten jüdischen Feiertag. Die Arbeit heißt »After Halle«.

Die insgesamt zehn im Kabinett zu hörenden Stimmen stammen von Überlebenden des Anschlags auf die Hallenser Synagoge am 9. Oktober 2019. Feldman, 1990 in Denver geboren, derzeit Doktorandin an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, war an jenem Tag in der von einem Rechtsextremisten angegriffenen Synagoge. Auch ihre Stimme ist in »After Halle« zu hören.

Als Feldman mit weiteren Überlebenden unmittelbar nach dem Anschlag mit einem Bus ins Krankenhaus gebracht wurde, sangen sie dort, so Museumsdirektorin Mirjam Wenzel, die Nigunim.

TRIAGE-FORMULAR Nicht nur dadurch erhält Feldmans Klanginstallation eine autobiografische Note. Auch die Präsentation der individuellen Audio-Aufnahmen auf zehn Acrylglastafeln, die jeweils mit einem Triage-Formular aus dem Hallenser Krankenhaus bedruckt sind, schafft Bezüge zum 9. Oktober 2019.

Feldmans künstlerisches Schaffen der vergangenen zwei Jahre kreist um den Anschlag. Sie thematisierte ihn etwa in einer Wandzeichnung und dem Tanz-Video »Elegy«. »After Halle« lässt sich als Ausdruck des Ringens um Resilienz und auch als Betonung des heilenden Potenzials des gemeinsamen Gesangs lesen.

Hollywood

Ist Timothée Chalamet der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars - der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Glosse

Das kleine Glück

Was unsere Autorin Andrea Kiewel mit den Produkten der Berliner Bäckerei »Zeit für Brot« in Tel Aviv vereint

von Andrea Kiewel  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Ab jetzt nur noch mit Print-Abo oder Es gibt viele Gründe, auf 2026 anzustoßen

von Katrin Richter  20.12.2025