Baden-Württemberg

»Achgut« erzielt vor Gericht Teilerfolg gegen Michael Blume

Der Religionswissenschaftler Michael Blume ist seit 2018 Antisemitismusbeauftragter der baden-württembergischen Regierung und auch auf Twitter aktiv. Foto: imago/Horst Galuschka

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat dem Antisemitismusbeauftragten der baden-württembergischen Landesregierung, Michael Blume, für einen Post auf dem Kurznachrichtendienst gerügt und damit einem Antrag der Betreibergesellschaft des Internetportals »Achse des Guten« teilweise stattgegeben.

Bestimmte Aussagen über das Internetportal darf Blume laut dem Urteil der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts künftig auf seinem offiziellen Twitter-Account nicht mehr machen. So haben die Richter Blume in ihrer einstweiligen Anordnung den Satz »Viele Autoren vertreten rassistische & demokratiefeindliche Positionen« untersagt, weil er damit gegen das »Sachlichkeitsgebot« verstoßen und somit in unzulässiger Weise in die Pressefreiheit eingegriffen habe.

ANZEIGEN Hintergrund ist die Entscheidung des Autoherstellers Audi, keine Werbung mehr bei der »Achse des Guten« zu schalten. Blume hatte auf seinem offiziellen Twitter-Account am 29. Juni das Unternehmen dafür gelobt.

Blume war in Artikeln auf dem Portal wiederholt scharf angegangen worden.

Er schrieb dort auch: »Die Finanzierung von Verschwörungsmythen durch die Wirtschaft muss dringend ein Ende haben.« Das Verwaltungsgericht hielt den Antisemitismusbeauftragten jedoch nicht für berechtigt, als Beamter einen solchen »Grundrechtseingriff« zu fordern und verbot ihm deshalb auch diese Aussage.

Weiterhin gestattet bleibt es Blume hingegen, die Audi-Entscheidung zu begrüßen und auch, darauf hinzuweisen, dass neben ihm und seiner Familie auch der Zentralrat der Juden oft »verhöhnt, ja angegriffen« worden sei. Dafür habe er Belege vorgelegt, die diese Meinung rechtfertigten, so das Gericht.

BEURTEILUNG In dem Urteil ging es auch um die Beurteilung des Finanzwissenschaftlers Stefan Homburg, den Blume als »Verschwörungsmythologen« bezeichnet hatte und der ebenfalls auf der »Achse des Guten« veröffentlicht. Die Richter hielten dieses Etikett für vertretbar, »weil es auf einem im Wesentlichen zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern« beruhe.

Blume war in Artikeln auf dem Portal wiederholt scharf angegangen worden. Im August wurde ihm dort unterstellt, eine antisemitische Karikatur verbreitet zu haben.

Gegen die einstweilige Anordnung kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof in Mannheim eingelegt werden. epd/ja

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025