USA

Zwischen Zustimmung und Sorge

Ex-Präsident Donald Trump Foto: imago

Überfällig oder überflüssig? Die Reaktionen innerhalb des äußerst vielfältigen amerikanischen Judentums auf Donald Trumps Jerusalem-Entscheidung fallen homogener aus, als es der erste Blick vermuten ließe. Und die Trennlinie zwischen Zustimmung und Ablehnung verläuft auch nicht ausschließlich nach dem klassischen Rechts-Links-Muster. So begrüßten sowohl B’nai B’rith International als auch das American Jewish Committee die anstehende Umsetzung des seit 1995 immer wieder aufgeschobenen »Jerusalem Embassy Act«.

Nathan J. Diamant, Executive Director der Union of Orthodox Jewish Congregations of America, sagt: »Dieser Schritt verteilt den Druck dahin, wo er hingehört: auf die Regierung der Palästinenser und die jener arabischen Staaten, die die Palästinenser unterstützen. Denn damit wird ein Signal ausgesendet: Du kannst nicht nur herumsitzen und Verhandlungen verweigern – und zudem noch Terrorismus unterstützen – und dann annehmen, der Status quo bliebe ewig erhalten.«

Diamant, der den größten orthodoxen Dachverband in den USA und somit etwa zehn Prozent der amerikanischen Juden vertritt, ergänzt: »Ich war nie der Ansicht, die USA sollten ein neutraler Vermittler sein. Pro-israelische Amerikaner wollen gar nicht, dass die USA ein neutraler Vermittler sind. Pro-israelische Amerikaner sehen die USA als Freund unseres Partners Israel.«

Friedensprozess »Jerusalem war immer einer der heikelsten Punkte in jeder Friedensdebatte«, sagt Rabbi Rick Jacobs, Präsident der Union for Reform Judaism (URJ), der größten Vereinigung innerhalb des amerikanischen Judentums. »Wir sind deshalb sehr besorgt, dass die Ankündigung die essenzielle Wiederaufnahme eines ernsthaften Friedensprozesses wenn nicht unterlaufen so doch verzögern wird.« Die URJ hat rund 880.000 Mitglieder und gibt an, rund 2,2 Millionen amerikanischer Juden zu vertreten – rund ein Drittel aller Juden in den Vereinigten Staaten.

Allerdings relativierte Jacobs seine Aussage auch gleich wieder. Auf der alle zwei Jahre stattfindenden Versammlung der URJ in Boston sagte Jacobs, die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels »ist der uralte Traum der Juden und aller, die Israel lieben und denen es am Herzen liegt.« Es könne durchaus sein, dass diese Entscheidung »ein ernst zu nehmender Schritt in Richtung eines Friedensprozesses sein könnte. Oder doch ein Hindernis? Wir werden es erleben.«

Einhellige Unterstützung kam hingegen von der Conference of Presidents of Major American Organizations (CoP), einem Dachverband von mehr als 50 jüdischen Organisationen quer durch das politische Spektrum. Die CoP ist zudem eine Schwesterorganisation des American Israel Public Affairs Committee (AIPAC), das Trumps Entscheidung ebenfalls unterstützt.

CoP-Präsident Malcolm Hoenlein meint: »Trump hat richtig gehandelt.« Als er »die Kotel besuchte und kurz nach dem UNESCO-Skandal um die Heiligen Stätten erklärte, Jerusalem sei den Juden heilig, gab es keinerlei Reaktionen oder Demonstrationen. Denn wenn man das Richtige tut, braucht man keine Fragen zu stellen – man handelt einfach.«

Botschaft Auch der Jewish Democratic Council of America, neu gegründetes Sammelbecken jüdischer Demokraten, ließ durch seinen Vorsitzenden Ron Klein aus Florida verlauten, man sei ebenfalls der Ansicht, »dass Israels Hauptstadt Jerusalem heiße« und dass die »Vereinigten Staaten ihre Botschaft an einen Ort in Jerusalem verlegen könnten und sollten, der zweifelsfrei unter israelischer Souveränität steht«.

Allerdings ergänzte Klein seine Aussage mit dem Hinweis, das Weiße Haus unter Trump habe »keinerlei ernsthafte Versuche unternommen, den Friedensprozess zwischen Palästinensern und Israelis sinnvoll zu unterstützen«.

Harsche Kritik an der Trump-Entscheidung war neben kleineren zionistischen Gruppierungen einzig von der linken Lobby-Organisation J Street zu vernehmen: »Israels Hauptstadt ist Jerusalem, und das sollte auch im Kontext einer Zweistaatenlösung anerkannt werden, in deren Folge in Ost-Jerusalem eine palästinensische Hauptstadt etabliert wird.« Solange es dieses Abkommen über den finalen Status der Stadt nicht gibt, sei eine einseitige Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels »voreilig und polarisierend – ein wenig hilfreicher Schritt ohne erkennbare Vorteile, aber voller schwerwiegender Risiken«.

Meinung

Die Columbia und der Antisemitismus

Ein neuer Bericht offenbart: An der US-Eliteuniversität sind die Nahoststudien ideologisch einseitig und jüdische Studenten nicht sicher. Es ist ein Befund, der ratlos macht

von Sarah Thalia Pines  22.12.2025

Frankreich

Jüdische Kinder vergiftet, aber Antisemitismus spielt keine Rolle

Ein Kindermädchen, das ihre jüdischen Arbeitgeber vergiftet hatte, wurde nun in Nanterre verurteilt - allerdings spielte ihr Antisemitismus im Urteil keine Rolle. Das sorgt für Protest

 22.12.2025

Australien

Gedenken am Bondi Beach – Forderung nach Aufklärung

Kerzen, Schweigen, Applaus und Buh-Rufe: Am Strand in Sydney trauern Tausende um die Opfer des Anschlags. Was die jüdische Gemeinde und Australiens Politik jetzt fordern

 22.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Sydney

Jüdische Bäckerei schließt wegen Antisemitismus

Nach Jahren der Anfeindungen und dem schwersten antisemitischen Anschlag auf australischem Boden hat eine beliebte jüdische Bäckerei für immer geschlossen

 18.12.2025

Strassburg

Glühwein und Kippa

In der selbst ernannten »Weihnachtshauptstadt« lebt eine traditionsbewusste jüdische Gemeinde. Wie passt das zusammen? Eine Reise zu koscheren Plätzchen und Pralinen mit »Jahresendgeschmack«

von Mascha Malburg  18.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Australien

Bericht: Die Heldentat von Ahmed Al-Ahmed sorgt auch in Syrien für Jubel

Die Berichterstattung über den »Helden von Sydney« hat auch dessen Heimatort erreicht und bringt Stolz in eine Trümmerlandschaft

 18.12.2025

Berlin

Ehrung von Holocaust-Überlebenden

Die »International Holocaust Survivors Night« ehrt jedes Jahr Überlebende der Schoah. Die virtuelle Veranstaltung hat sich inzwischen zu einer Feier entwickelt, an der Teilnehmende aus fast 20 Ländern mitwirken

 18.12.2025