Porträt

Die nächste Krise wartet schon

Janet Yellen würde die erste Frau an der Spitze des Finanzministeriums in dessen fast 232-jähriger Geschichte, nachdem sie bereits die erste Frau auf dem Chefposten der Fed gewesen war. Foto: dpa

Janet Yellen ist erneut für einen Spitzenposten in den USA vorgesehen - und wieder wird sie eine Krise zu bewältigen haben. Der designierte Präsident Joe Biden möchte sie einer informierten Person zufolge zur Finanzministerin machen und damit mit der Aufgabe betrauen, die USA durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu navigieren.

Krisenerprobt ist sie. Als 2008 und 2009 das Finanzsystem beinahe zusammenbrach, war Yellen Mitglied des geldpolitischen Entscheidungsgremiums der Zentralbank Fed und wurde 2014 deren Chefin, als die Wirtschaft noch dabei war, sich von der Krise zu berappeln.

»Sie ist außergewöhnlich talentiert. Sie ist die richtige Person in dieser herausfordernden Zeit.«

In den späten 1990er-Jahren war Yellen während der Asien-Finanzkrise bereits die Top-Beraterin des damaligen Präsidenten Bill Clinton gewesen. Wegen all ihrer Erfahrung halten viele langjährige Beobachterinnen und Beobachter halten die 74-Jährige für die ideale Besetzung als Finanzministerin.

»Sie ist außergewöhnlich talentiert«, sagt Diane Swonk, Chefökonomin des Wirtschaftsprüfers Grant Thornton. »Sie ist die richtige Person in dieser herausfordernden Zeit.«

Yellen würde die erste Frau an der Spitze des Finanzministeriums in dessen fast 232-jähriger Geschichte, nachdem sie bereits die erste Frau auf dem Chefposten der Fed gewesen war.

In ihrer neuen Rolle würde sie eine darnieder liegende Wirtschaft mit hoher Arbeitslosigkeit vorfinden. Viele Volkswirte erwarten, dass die Wirtschaft sich wahrscheinlich im kommenden Jahr etwas erholt, wenn die Amerikanerinnen und Amerikaner gegen das Coronavirus geimpft werden, doch dass auch ein weiteres großes staatliches Hilfspaket notwendig sein wird, auf das der Kongress sich derzeit nicht einigen kann.

Yellen galt als gut vorbereitete, bisweilen fordernde Führungsperson mit Bodenhaftung, die bei der Belegschaft der Fed beliebt war.

Yellen hat sich für zusätzliche Anschubhilfen ausgesprochen, darunter mehr Geld für Bundesstaaten und Kommunen, die ihr zufolge »erhebliche Unterstützung« benötigen, um weitere Entlassungen abzuwenden.

Nathan Sheets, Chefökonom von PGIM Fixed Income und ehemaliger ranghoher Beamter der Fed und des Finanzministeriums, sagt, sie könne die Tribüne während der absehbar schwierigen Verhandlungen mit den Republikanern im Senat wirksam nutzen: »Yellen hat eine einmalige Fähigkeit, mit Menschen über Wirtschaft und Wirtschaftspolitik auf eine Weise zu kommunizieren, die bei Menschen Anklang findet.«

Yellen galt als gut vorbereitete, bisweilen fordernde Führungsperson mit Bodenhaftung, die bei der Belegschaft der Fed beliebt war. »Ich habe nie jemanden getroffen, der für oder mit Janet arbeitete und der ein unfreundliches Wort über sie zu sagen hat«, sagt die ehemalige Fed-Ökonomin Claudia Sahm. »Sie ist die Art von Person, die ihre Mitarbeiter aufbaut.«

Yellen ist mit George Akerlof verheiratet, einem Träger des Wirtschaftsnobelpreises.

Während der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 sah Yellen laut der Protokolle der Fed-Treffen die Möglichkeit einer tiefen Rezession und einer langsamen anschließenden Erholung eher als die meisten anderen Funktionäre der Notenbank. 2018 ersetzte Präsident Donald Trump die Demokratin an der Fed-Spitze durch den Republikaner Jerome Powell, sie ging daraufhin zu der liberalen Denkfabrik Brookings Institution.

Shawn Sebastian, Co-Direktor des progressiven Bündnisses Fed-Up, sagte damals, ihr Abgang von der Zentralbank sei ein »Verlust für arbeitende Menschen im ganzen Land«. Er lobte ihren Einsatz gegen wirtschaftliche Ungleichheit, auch im Hinblick auf die Hautfarbe, für die Rolle von Frauen im Beruf und für mehr Diversität in der Fed.

Yellen ist mit George Akerlof verheiratet, einem Träger des Wirtschaftsnobelpreises. Sie lernten sich 1977 in einer Cafeteria der Fed kennen. Sie haben einen Sohn, Robert, der Professor für Wirtschaftswissenschaft ist. dpa

Dänemark

Männer sollen 760.000 Euro für die Hamas gesammelt haben

Am Dienstagmorgen nahm die Polizei einen 28-Jährigen fest. Sein mutmaßlicher Komplize sitzt bereits in U-Haft

 05.12.2025

Antisemitismus

Litauen: Chef von Regierungspartei wegen Antisemitismus verurteilt

In Litauen ist der Chef einer Regierungspartei mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Dafür musste er sich vor Gericht verantworten. Nun haben die Richter ihr Urteil gefällt

 04.12.2025

Ukraine

Alles eine Frage der Herkunft

Wie ein Korruptionsskandal den antisemitischen Narrativen in Russland Vorschub leistet

von Alex Friedman  04.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Sydney

Jüdische Organisationen prangern »Geißel« Antisemitismus an

Im Fokus steht dieses Mal Australien. Es ist Gastgeber einer Konferenz der internationalen jüdischen Initiative »J7«. Sie stellt Zahlen zu Judenhass auf dem Kontinent vor - und spricht von historischen Höchstständen

von Leticia Witte  02.12.2025

New York

Das sind die Rabbiner in Mamdanis Team

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mamdani keinen Ortodoxen in seine Übergangsausschüsse berufen – eine Lücke, die bereits im Wahlkampf sichtbar wurde

 02.12.2025

Italien

Francesca Albanese und ihre »Mahnung« an die Presse

In Turin wurden die Redaktionsräume von »La Stampa« von Demonstranten verwüstet. Die Reaktion der UN-Sonderbeauftragten für die Palästinensergebiete verstörte viele

von Michael Thaidigsmann  02.12.2025

Jüdisches Leben im Libanon

Noch immer hat Beirut eine Synagoge, aber die Gläubigen nehmen ab

Einst war Libanon ihr Zufluchtsort, dann kam der Bürgerkrieg, und viele gingen. Doch nach wie vor gehören Juden zu den 18 anerkannten Religionsgruppen im Libanon - auch wenn nur noch wenige im Land leben

von Andrea Krogmann  02.12.2025

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Ein Gespräch mit den Kandidaten über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  01.12.2025