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Wo der Nahe Osten fern ist

Weit weg von Syrien: die Brooklyn Bridge Foto: Thinkstock

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Wo der Nahe Osten fern ist

Die syrisch-jüdische Community in Brooklyn verfolgt die Zustände in Damaskus und Aleppo. Doch ihr Leben bleibt davon unberührt

von Daniela Breitbart  13.08.2012 19:39 Uhr

Der Fernseher läuft seit Monaten rund um die Uhr. Über arabische Stationen oder CNN hält sich die syrisch-jüdische Community in Amerika auf dem neuesten Stand, was den Bürgerkrieg in Syrien betrifft. Beunruhigt verfolgen die Menschen Berichte über die Zustände in Damaskus und vor allem in Aleppo, einer an jüdischer Geschichte reichen Stadt.

»Obwohl fast alle Juden in den vergangenen Jahrzehnten aus Syrien geflohen sind, beobachten die syrisch-stämmigen Juden und ihre Kinder, was sich in einem Land und in den Städten ereignet, an denen so viele Familienerinnerungen hängen«, sagt der Historiker und Publizist Shelomo Alfassa.

Heimat Die Flucht- und Auswanderungswellen Mitte des 20. Jahrhunderts brachten Juden aus Syrien in die USA, nach Mittel- und Südamerika sowie Israel. Nach Aufhebung des Ausreiseverbots für Juden im Jahr 1992 fanden viele Familien eine neue Heimat vor allem im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Hier leben heute etwa 85.000 syrische Juden, die »ganz klar die größte religiöse sefardische Gemeinde der Welt außerhalb Jerusalems« bilden, wie es Alfassa, der selbst in Brooklyn lebt, formuliert.

Die meisten syrischen Juden in Brooklyn sind streng religiös und halten ihre Traditionen aufrecht, »egal, ob es um Hochzeitszeremonien, Gebetsmelodien oder Kochrezepte geht«, sagt Alfassa. Auch die Sprache spielt eine wichtige Rolle. »Viele haben glückliche Erinnerungen an einen Großvater, der Arabisch sprach, manche sprechen es noch heute, sogar einige junge Menschen«, sagt Alfassa.

Obwohl fest verwurzelt in ihrer religiösen Tradition, sind die syrischen Juden in Brooklyn vollkommen in die amerikanische Kultur und Lebensweise integriert und nehmen am dortigen Gesellschafts- und Geschäftsleben teil. Das mag erklären, warum sie sich mehr um die Sicherheit Israels und die Rolle der Vereinigten Staaten in dem Konflikt als um das Schicksal Syriens und seiner Bewohner sorgen, wie Rabbiner Hayyim Kassorla von der Gemeinde Or Ve Shalom in Atlanta bemerkt. »Die meisten syrischen Juden wollen eine sichere Welt, ein sicheres Israel«, so der Rabbiner.

Angst Alfassa bestätigt diese Sichtweise. »Wie bei Juden überall auf der Welt ist die Aufmerksamkeit der Angehörigen der syrisch-jüdischen Gemeinde in Amerika auf die Weltereignisse gerichtet, und besonders darauf, wie sich diese Ereignisse auf Israel auswirken können. Sie haben Angst, dass sich der Bürgerkrieg in Syrien zu einem größeren regionalen Krieg ausweiten könnte, in den Israel und die Vereinigten Staaten hineingezogen werden«, sagt der Historiker.

Sorge bereiten vielen auch die alarmierenden Berichte über die Rolle Irans als Unterstützer der syrischen Diktatur. Zwar ist das Entsetzen über die Brutalität der Angriffe und Auseinandersetzungen ebenfalls groß, doch die wenigsten syrischen Juden in Amerika haben noch Familie oder Freunde in Syrien, die tatsächlich Opfer der Kämpfe werden könnten. »Niemand freut sich über Morde und Zerstörung, aber wenn keine persönlichen Verbindungen mehr bestehen, wird der Krieg zu einem fernen Ereignis«, sagt Jack Sasson, der in Aleppo geboren wurde und heute an der Universität in Nashville, Tennessee, Nahoststudien lehrt.

Die syrischen Juden in den USA können kaum beurteilen, was schlimmer ist: die Diktatur unter Assad oder ein Regime der Muslimbrüder. »Viele fürchten sich heute vor dem Islam«, so Sasson.

Laut Alfassa haben die syrischen Juden in Brooklyn nur noch wenig Kontakt zu Syrien. Auch wenn sie die dortigen Unruhen am Bildschirm und in den Zeitungen verfolgen, bleibt ihr Leben doch weitgehend unberührt von der Krise. Oder, wie Alfassa es formuliert: »Sie sorgen sich nicht mehr darum, als deutsche Juden in Amerika sich darüber Sorgen machen, was Angela Merkel gerade anstellt.«

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