Sicherheit

»Wir fordern Hilfe«

Herbert Winter Foto: Justin Hession

Sicherheit

»Wir fordern Hilfe«

Herbert Winter über jüdisches Leben in der Schweiz, Schutzmaßnahmen und steigende Kosten

von Tobias Kühn  07.12.2015 16:18 Uhr

Herr Winter, in etlichen europäischen Ländern kümmert sich der Staat um die Sicherheit jüdischer Einrichtungen. Wie ist das bei Ihnen in der Schweiz?
Bei uns sorgt der Staat nicht speziell dafür, sondern wir müssen allein dafür aufkommen. Wir werden zwar seit einiger Zeit als stärker gefährdet eingestuft als andere Gruppen, aber wir bekommen keinen besonderen Schutz und auch keine finanzielle Unterstützung für unsere Sicherheitsmaßnahmen.

Dadurch, dass der islamistische Terror zunimmt, steigt auch in der Schweiz der Aufwand für den Schutz jüdischer Gemeinden.
Ja, enorm!

Und die Gemeinden kommen weiterhin allein dafür auf?
Alle Gemeinden haben gewisse Schutzkonzepte. Aber es sind eben nicht nur die Gemeinden, sondern auch Schulen, Altersheime und andere Einrichtungen. Sie alle haben mithilfe der Sicherheitsinstitutionen der großen Gemeinden eigene Schutzkonzepte erarbeitet – das geht sehr ins Geld.

Sind die Gemeinden überhaupt in der Lage, das selbst zu bestreiten?
Sicher nicht alle und nicht ausreichend. Wir fordern deshalb vom Staat, dass er sich an den Anstrengungen für unsere Sicherheit beteiligt – sei es personell, durch die Unterstützung baulicher Schutzmaßnahmen oder dadurch, dass er einen Teil der Kosten übernimmt.

Wie reagiert die Berner Regierung auf Ihre Forderung?
Vergangene Woche hat einer der Schweizer Bundesräte gesagt, die jüdische Gemeinschaft sei ein unverzichtbarer Teil der schweizerischen Kultur und Gesellschaft, und wer Juden angreife, greife die ganze Schweiz an. Solches und Ähnliches hören wir schon seit längerer Zeit. Aber wir arbeiten noch daran, dass das beim Thema Sicherheit auch effektiv umgesetzt wird. Wir sind in regelmäßigem Kontakt mit Bundesräten und Behörden und hoffen, in nächster Zeit doch etwas bewegen zu können.

Der Europarat hat vor 20 Jahren ein Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten ausgearbeitet, das auch die Schweiz unterzeichnet hat. Ist die jüdische Gemeinschaft in der Schweiz insgesamt ausreichend geschützt?
Abgesehen vom Thema Sicherheit, wo der Staat nicht genügend tut, sehe ich die Stellung der jüdischen Minderheit in der Schweiz sehr positiv. Wir arbeiten mit den staatlichen Gremien auf Augenhöhe zusammen – sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene und in den Kommunen.

Wie gehen die Schweizer Juden mit der Bedrohung durch den Terror um?
Ich habe nicht den Eindruck, dass wir uns besonders bedroht fühlen. Wenn etwas passiert wie in Paris, sind viele natürlich vorsichtiger und gehen ein paar Tage nicht in die Synagoge. Aber das ändert sich schnell wieder. Wir leben einen ziemlich normalen Alltag.

Mit dem Präsidenten des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) sprach Tobias Kühn.

Krieg in Israel

Rabbiner: Unterstützung für gestrandete Israelis in Europa

Sie können momentan nicht nach Israel zurück. Jüdische Gemeinden in Europa sind gebeten, sie mit Unterkünften und anderem zu unterstützen. In Gemeinden herrscht unterdessen große Besorgnis, auch wegen der Sicherheit

von Leticia Witte  16.06.2025

Nachruf

Der Lippenstiftverkäufer

Leonard Lauder, der aus dem von seinen Eltern gegründeten Kosmetikunternehmen Estée Lauder einen Weltkonzern machte, ist im Alter von 92 Jahren gestorben

von Michael Thaidigsmann  16.06.2025

USA

Farlir nur nit dein Hofenung

Wie ein schwarzer Kantor in den 1920ern New Yorks Juden verzauberte und sogar durch Europa tourte. Die unglaubliche Geschichte des Thomas LaRue, dessen Stimme erstmals wieder zu hören ist

von Nicole Dreyfus  15.06.2025

Nationaler Sicherheitsrat

Offizielle Warnungen für Israelis und Juden im Ausland

Wachsamkeit, Kooperation und Zurückhaltung. Der israelische Nationale Sicherheitsrat hat Warnhinweise für Israelis und Juden im Ausland veröffentlicht

 13.06.2025

Zürich

Israelhasser wollten Zürich zum Stillstand bringen

Am Donnerstagabend wollten »propalästinensische« Demonstranten durch die Zürcher Innenstadt ziehen

von Nicole Dreyfus  12.06.2025 Aktualisiert

Bosnien und Herzegowina

Goldschmidt: Boykott von Rabbinertreffen ist »eine Schande«

Die Europäische Rabbinerkonferenz kann nicht in Sarajevo tagen. Grund ist der Boykottaufruf eines Ministers. Der CER-Präsident fordert nun Konsequenzen

von Michael Thaidigsmann  12.06.2025

New York

Weinstein in neuem Prozess wieder verurteilt

Der Schuldspruch gegen den ehemaligen Filmmogul im Jahr 2020 galt als Meilenstein – bis er 2024 überraschend kassiert wurde. Nun hat erneut eine Jury geurteilt, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

 12.06.2025

Belgien

Israelfeindliche Aktivisten stellen Hamas-Terror nach

Bei einem »Widerstandsfestival« in Brüssel wurde der Terror mit einem Theaterstück glorifiziert, es gab Hamas-Dreiecke; und Wassermelonen-Mandalas für Kinder

von Nils Kottmann  09.06.2025

Vatikan

Papst Leo würdigt rumänischen Kardinal und Retter Tausender Juden

Iuliu Hossu könnte ein »Gerechter unter den Völkern« werden

 09.06.2025