Ukraine

Wie bei Chodorkowski?

Igor Kolomoisky (l.) und Vadim Rabinowitsch Foto: Mike Minehan

Der Präsident des Ukrainisch-Jüdischen Kongresses, Vadim Rabinowitsch, beklagte sich kürzlich im Internet darüber, dass staatliche Behörden versuchten, ihm den Fernsehsender JN1 zu entziehen. Der jüdische Kanal ging erst 2011 auf Sendung. Rabinowitsch betreibt ihn gemeinsam mit dem Präsidenten der Europäisch-Jüdischen Union (EJU), Igor Kolomoisky. Dieser wurde lange Zeit als drittreichster Mann der Ukraine geführt; er soll über ein Privatvermögen von rund 3,7 Milliarden Euro verfügen. Als Besitzer der Firmengruppe Privat kontrolliert er Banken, Betriebe der Stahlindustrie, der Metallurgie, Energieversorger, Medien sowie die Fluggesellschaft Aerosvit und das Brennstoffunternehmen UkrNafta.

steuerpolizei Die Fluglinie meldete vor ein paar Tagen Konkurs an. Bei UkrNafta, einer der größten Öl- und Gasproduzenten des Landes, verschaffte sich Ende Dezember die Steuerpolizei Eintritt in die Konzernzentrale. Die Firma vertreibe mangelhaften Kraftstoff; Teile des Betriebes, unter anderem das größte Tankstellennetz, wurden tagelang lahmgelegt. Beobachter wie Forbes Ukraine und das Online-Portal Liga Net bewerten die Aktion als »Warnschuss an Kolomoisky«.

Der Oligarch gilt in der Ukraine zwar als »pragmatischer und sehr aggressiver Geschäftsmann«, schreibt der Kommentator auf Liga Net, jedoch lasse er sich keiner politischen Gruppe zuordnen. Kolomoisky hat immer alle Parteien mit Geld unterstützt, um sich Einfluss zu sichern.

Geheimdienst Die dominierende politische Kraft ist derzeit jedoch die Gruppe um Präsident Viktor Janukowitsch. Er hat seinen Einfluss seit dem Amtsantritt im Februar 2010 rasant ausgebaut und seine Macht mit der Steuerpolizei, dem Geheimdienst und der Generalstaatsanwaltschaft beträchtlich ausgeweitet. Ukrainische Medien sprechen von der »Kontrolle der Familie«. Sohn Alexander hat es in knapp drei Jahren zu einem der reichsten und einflussreichsten Geschäftsmänner im Land gebracht. Ein Beobachter in Kiew sagt: »Die Situation erinnert an das Szenario, das sich 2003 in Russland abgespielt hat.« Damals forderte Präsident Wladimir Putin die Gefolgschaft aller Oligarchen – und statuierte mit der Verurteilung Michail Chodorkowskis ein Exempel.

Auch der Oligarch Alexander Jaroslawski steht unter Druck. Ende Dezember sorgte eine Meldung für Aufsehen: »Milliardär verkauft Metallist Charkow«. Hinter dem Besitzerwechsel eines der bekanntesten Fußballvereine der Ukraine verbirgt sich die Neuverteilung der Machtverhältnisse des Landes, so der Tenor unabhängiger ukrainischer Medien.

Besitzer des Vereins war seit 2005 Alexander Jaroslawski. Praktisch über Nacht soll er sich von dem Prestigeprojekt getrennt haben. Laut dem Magazin »Tyschden« stand Jaroslawski unter »beispiellosem Druck, den die Behörden auf ihn ausgeübt haben«; schließlich stimmte er dem Verkauf schweren Herzens zu. Der 53-Jährige gehört zu den zehn reichsten Männern der Ukraine. Das Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt sein Privatvermögen auf 1,5 Milliarden Euro. Mit der Firmengruppe Development Construction Holding (DCH) kontrolliert er Baugeschäfte und Banken.

Laut Medienberichten ging Metallist Charkow für einen nicht genannten Preis an Sergej Kurtschenko. Der 27-jährige Anwalt leitet die Energiefirma GasUkraina. Weder Kurtschenko noch das Unternehmen sind in der Ukraine einer größeren Öffentlichkeit bekannt.

Fussballklub Ganz anders Jaroslawski. Er hatte den Fußballverein vor sieben Jahren für rund 1,1 Millionen Euro erworben. Damals dümpelte der Klub auf Platz 173 der UEFA-Vereinsliste. Innerhalb weniger Jahre hat er es unter die Top 30 in Europa geschafft. Jaroslawski soll insgesamt rund 500 Millionen Euro in den Verein gesteckt haben.

Der Fall Jaroslawski hat inzwischen auch die Politologen auf den Plan gerufen. Das renommierte Kiewer Zentrum für politische Studien und Konfliktforschung schreibt, dass Jaroslawskis Beziehungen zu Charkows Bürgermeister und zum Gouverneur – beide sind Mitglieder der Regierungs-»Partei der Regionen« – als »schwer belastet« gelten. Jaroslawski unterstütze wiederholt oppositionelle Parteien und deren Kandidaten.

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