Österreich

Was einmal war

Ein Blick auf die Landkarte zeigt ein deutliches Gefälle: Während der Westen Österreichs auch vor dem »Anschluss« an Hitler-Deutschland 1938 recht arm an Synagogen war, sah das im Osten ganz anders aus. Wien, Niederösterreich und das Burgenland waren Zentren jüdischen Lebens. Das dokumentiert das Gedenkbuch der Synagogen und jüdischen Gemeinden Österreichs, herausgegeben vom Synagogue Memorial in Jerusalem.

Von dem vielfältigen jüdischen Leben bis 1938 ist heute allerdings auch in Ostösterreich wenig übrig geblieben. In Wien gab es etwas mehr als 20 Synagogen und über 80 Bethäuser. Die einzig erhaltene Synagoge ist der 1825/26 erbaute Stadttempel in der Seitenstettengasse. Er ist in einen Häuserblock eingebettet und von außen nicht als Synagoge erkennbar. Dem Vernehmen nach hatten die Nazis Angst, dass, wenn man hier Feuer legt, dieses rasch auf die umliegenden Gebäude übergreift.

Bis 1938 war Wiens größte Synagoge eine andere: Der 1854 bis 1858 erbaute Leopoldstädter Tempel hatte 2000 Sitzplätze. Er wurde von dem Architekten Ludwig Förster im historisierenden Klassizismus gestaltet sowie mit orientalisierenden Ornamenten geschmückt. Das Gedenkbuch zeigt den imposanten Bau – so wie alle anderen aufgelisteten Synagogen – auch in Bildern.

In Niederösterreich gab es bis zur NS-Zeit 23 jüdische Gemeinden. Heute wird nur noch in der kürzlich renovierten Synagoge von Baden wieder regelmäßig gebetet. In St. Pölten beherbegt die ehemalige Synagoge, die 1984 renoviert wurde, ein Kulturzentrum. Alle anderen früheren Bethäuser in Wien und Niederösterreich stehen nicht mehr, heute befinden sich dort meist Wohn- oder Bürohäuser. In Stockerau wurde die Synagoge 1938 enteignet und in eine protestantische Kirche umgewandelt.

Burgenland Reich an jüdischen Gemeinden war auch das Burgenland: Hier gab es in 13 Orten ein lebendiges jüdisches Leben. In Deutschkreutz erinnert heute allerdings nur noch ein Gedenkstein an die 1941 von der SS gesprengte Synagoge, in Eisenstadt ist in dem Gebäude seit 1979 das Österreichische Jüdische Museum untergebracht, in Güssing befindet sich auf dem Platz, wo einst die Synagoge stand, heute das Rathaus.

Meier Schwarz vom Synagogue Memorial schreibt in seinem Vorwort: »Mit dem ›Anschluss‹ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im März 1938 begann der Holocaust in Österreich. (...) Das prächtige österreichische Judentum ging darin grausam unter.«

In den 20er-Jahren lebten beispielsweise in Wien an die 200.000 Juden, heute zählt die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) rund 7700 Mitglieder. Im vergangenen Herbst wurde allerdings am jüdischen Währinger Friedhof eine neue Betstube eröffnet. Und vor zwei Jahren wurde mit der Eröffnung des Elternheims »Mamonides Zentrum« im Wiener Prater der IKG-Campus vervollständigt, der auch die Zwi-Perez-Chajes-Schule, mit Bildungsangeboten von der Krippe bis zum Abitur, und das Sportzentrum Hakoah beherbergt.

Gedenkbuch der Synagogen und jüdischen Gemeinden Österreichs. Hrsg. vom Synagogue Memorial Jerusalem. Berger, Wien 2012, 224 S., 29,90 €

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Hollywood

80 Jahre Goldie

Die quirlige Schauspielerin feiert ihren runden Geburtstag – und ist nicht zu bremsen

von Barbara Munker, Sophie Albers Ben Chamo  23.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Russland

Der Vater der israelischen Rüstungsindustrie

Emanuel Goldberg war ein genialer Erfinder in der Weimarer Republik. Die Nazis sorgten dafür, dass er in Europa vergessen wurde. Doch bis heute macht der Mann aus Moskau Israel sicherer

von Leif Allendorf  20.11.2025