Österreich

Von der Wiege bis zur Matura

Drittklässler bei einem fächerübergreifenden Projekt zum Thema Einkaufen Foto: Andreas Rausch

Diese Woche feiert die Wiener Zwi Perez Chajes Schule (ZPC) ihr 30-jähriges Bestehen nach dem Krieg – und zwar gebührend: Geplant ist ein Tag der Offenen Tür mit großem Festakt, die Eröffnung eines schuleigenen Geschichtsmuseums und eine Jubiläumsparty.

Die Geschichte der Schule liegt länger zurück: 1919 eröffnete Wiens damaliger Oberrabbiner Zwi Perez Chajes ein jüdisches Privatrealgymnasium – für Jungen und Mädchen. Schnell erlangte die Schule Öffentlichkeitsrecht und einen guten Ruf, doch 1939 setzten ihr die Nazis ein Ende.

In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg war es schlecht um jüdische Infrastruktur in Wien bestellt. Erst 1976 konnte dank des Engagements junger Familien erstmals wieder ein jüdischer Kindergarten eröffnet werden. 1980 folgte eine Volksschule, die österreichische Form der Grundschule.

1984 gelang schließlich die Wiedergründung des Realgymnasiums und die Zusammenlegung mit Kindergarten und Volksschule – und das mit solchem Erfolg, dass der Standort in der Castellezgasse im 2. Bezirk schon bald heillos überlastet war. Es folgten Ausbauten, Anbauten und schließlich sogar Baucontainer im Garten. Also begannen Planung und Bau eines neuen, größeren und moderneren Standorts. Mit Unterstützung von Bund, Stadt und privaten Spendern konnte die Israelitische Kultusgemeinde das Projekt 2008 schließlich fertigstellen.

Musikschule Der heutige ZPC-Campus erstreckt sich am rechten Donauufer des 2. Bezirks. Unter einem Dach befinden sich Kindergarten, Volksschule, Hort und Realgymnasium. Hier gehen derzeit fast 500 Kinder ein und aus. Aber auch andere jüdische Institutionen sind auf dem Campus untergebracht: das Senioren- und Pflegeheim Maimonides-Zentrum, eine Musikschule und der Sportklub Hakoah.

Das gemeinschaftliche Konzept ist eine der Besonderheiten der Schule. Es besteht eine enge Kooperation mit der benachbarten Musikschule, die Infrastruktur der Hakoah wird für den Sportunterricht genutzt. Besonders eng ist aber die Zusammenarbeit mit dem Maimonides-Zentrum: Das koschere Mittagessen der Schule kommt aus dem Seniorenheim, es gibt eine gemeinsame Synagoge und viele generationsübergreifende Projekte. »Unseren Kindern gibt das unglaublich viel, und ich bin überzeugt, dass es auch für die älteren Menschen sehr wichtig ist«, sagt Natalie Neubauer, Vorstandsvorsitzende des Schulvereins.

Die ZPC ist eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht. Für den Besuch ist die IKG-Mitgliedschaft Voraussetzung, jeden Monat ist Schulgeld zu bezahlen. »Uns ist aber wichtig, dass jedes jüdische Kind die Möglichkeit hat, die Schule zu besuchen«, betont ZPC-Geschäftsführer Daniel Brandel. Wer sozial bedürftig ist, kann die Behörden oder die Gemeinde um Unterstützung bitten.

Lehrplan Der Unterricht erfolgt nach staatlichem Lehrplan. Zusätzlich ist der Stundenplan um drei bis fünf Wochenstunden Hebräisch erweitert. Es wird als erste Fremdsprache unterrichtet und ist Abitur-Pflichtfach. Neben dem Religionsunterricht, der bereits im Kindergarten beginnt, wird im Gymnasium auch jüdische Geschichte unterrichtet. »Den Kindern soll solides jüdisches Wissen, vor allem aber eine jüdische Identität mitgegeben werden«, sagt Brandel.

Die größte Herausforderung im Schulalltag seien die unterschiedlichen Voraussetzungen und Hintergründe der Schüler. »Den Spagat zwischen Bildungsbürgertum und mangelnden Deutschkenntnissen machen wir täglich«, erzählt Neubauer. Da man die Kinder aber meist schon von klein auf kenne, ließen sich individuelle Fördermaßnahmen früh ergreifen und durch die gesamte Schulzeit hindurch planen.

Das Konzept scheint aufzugehen, wie die Lebensgeschichten der früheren Abiturienten zeigen. Die Schule wächst indes kontinuierlich weiter. Auf die Frage, wo er seine Schule in der Zukunft sieht, antwortet Brandel lachend: »In zehn Jahren koordinieren wir den Ausbau.«

Großbritannien

Verdächtiger nach Anschlag auf Synagoge in Manchester festgenommen

Der Angriff auf die Synagoge am Vorabend des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur sorgte international für Bestürzung. Jetzt wurde ein weiterer Tatverdächtiger festgenommen

von Burkhard Jürgens  27.11.2025

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Zur Wahl stellen sich Noëmi van Gelder sowie Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein für ein Co-Präsidium. Ein Gespräch über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  27.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 27.11.2025

Schweiz

Antisemitismus auch in der queeren Szene benennen

Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich teils unsicher, wenn in der queeren Szene über Israel gesprochen wird. Der Verein Keschet will das ändern

von Nicole Dreyfus  27.11.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

Meinung

Ausmalen gegen die Realität

Kinderbücher sollten nicht dazu instrumentalisiert werden, Kinder niederschwellig zu prägen

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.11.2025

USA

Personifizierter Hass

Menschen wie Nick Fuentes waren lange ein Nischenphänomen. Nun drängen sie in den Mainstream - und sind gefährlicher denn je

von Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Meinung

Die polnische Krankheit

Der Streit um einen Tweet der israelischen Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem zeigt, dass Polen noch immer unfähig ist, sich ehrlich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen

von Jan Grabowski  26.11.2025

USA

Ein Stadtneurotiker wird 90

Woody Allen steht als Autor, Regisseur und Schauspieler für einzigartige Filme. Doch bis heute überschatten Missbrauchsvorwürfe sein Lebenswerk

von Barbara Schweizerhof, Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025