Ungarn

Verspätete Entschädigung

Aus Budapest kommen 5,6 Millionen Dollar. Foto: dpa

Ungarn

Verspätete Entschädigung

Die Budapester Regierung gibt nach jahrelangem Hinhalten Gelder für Schoa-Opfer frei

von Hannes Stein  29.07.2013 20:49 Uhr

Die Conference on Jewish Material Claims Against Germany, kurz Claims Conference genannt, hat mit der ungarischen Regierung eine Vereinbarung über die Freigabe von 5,6 Millionen US-Dollar getroffen, die ungarischen Überlebenden des Holocaust, die außerhalb Ungarns leben, zugutekommen sollen.

»Beinahe 70 Jahre nach der Verfolgung und der Massenvernichtung der ungarischen Juden durch die Nazis und ihre Kollaborateure hat die Regierung jetzt ihre längst getroffene Zusage in die Tat umgesetzt«, begrüßte der geschäftsführende Vizepräsident der Claims, Greg Schneider, die späte Vereinbarung. Denn obwohl diese Gelder längst zugesagt waren, hatte die Regierung in Budapest die Auszahlung immer wieder unter Vorwänden hinausgezögert.

Zahlung Es sei sehr schwer gewesen, betont die Claims Conference, diese Entschädigungsgelder aus Ungarn loszueisen. 2007 hatte sich die damalige ungarische Regierung verpflichtet, über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt 21 Millionen US-Dollar für die Überlebenden zur Verfügung zu stellen.

Nach der Wahl des rechtskonservativen Viktor Orbán 2010 zum ungarischen Premierminister wurden zwei Jahre später die Überweisungen der letzten beiden Tranchen des Fünfjahresabkommens abrupt gestoppt: Die ungarische Regierung verlangte Nachweise über die Verwendung des Geldes. Aufgrund der ausbleibenden Zahlungen musste sogar die Hilfe für die Betroffenen, die über Betreuungsorganisationen erfolgt, reduziert werden.

haltung Anfang des Jahres, so die Claims Conference, habe sich zum Glück die Haltung der ungarischen Regierung geändert. Mit der Ernennung von Janos Lazar zum Staatssekretär im Büro des Premierministers seien vonseiten Budapests wieder konstruktive Verhandlungen möglich gewesen und letztendlich zu einem erfolgreichen Abschluss geführt worden.

Die ersten Deportationszüge rollten im Mai 1944 von Budapest nach Auschwitz. An manchen Tag schickten die Nazis und ihre Helfer pro Tag mehr als 10.000 Menschen in den Tod. Die ungarische Gendarmerie beteiligte sich mit einer Begeisterung an dem Massenmord, die sogar die Deutschen erstaunte. Mehr als eine halbe Million ungarische Juden wurden in der Schoa ermordet, etwa 190.000 haben in Ungarn selbst überlebt oder kehrten aus den Lagern zurück.

Beihilfe Mit dem ungarischen Geld soll nun die Altersversorgung der allesamt hochbetagten Schoa-Überlebenden, der Kauf von Medikamenten, Notfallbeihilfe, Essen auf Rädern, häusliche Betreuung und Hilfe im Winter garantiert werden. Ein vordringliches Ziel der Claims Conference bei der Vereinbarung sei es gewesen, dass die Überlebenden in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben können. Die Claims Conference vertritt die jüdische Gemeinschaft in Entschädigungs- und Restitutionsverhandlungen für NS-Opfer und deren Erben.

Esther Schlesinger, die für die Wohltätigkeitsorganisation »Guardians of the Sick« Holocaust-Überlebende im New Yorker Stadtteil Brooklyn betreut, begrüßte die angekündigte Auszahlung: »Die Überlebenden des Holocaust aus Ungarn haben in den letzten Monaten des Krieges schreckliche Verfolgungen erlitten. Jetzt wird es ihnen möglich, Hilfe zu erhalten, damit die ihnen verbleibenden Jahre sicherer und leichter werden. Als Organisation, die sich um ältere Überlebende kümmert, erkennen wir die fortdauernden Bemühungen der Claims Conference an, die Ungarn hilft, seinen Verpflichtungen jenen gegenüber nachzukommen, die überlebt haben. Das ist das Mindeste, was sie verdient haben«, sagt Schlesinger.

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  05.11.2025 Aktualisiert

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Kommentar

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025

Spanien

Francos Erbe

Das Land, das den Sefardim einst ihren Namen gab, verlangt seinen Juden heute einiges ab

von Valentin Suckut  03.11.2025

»Nobody Wants This«

Alle wollen Esther

Einer der Gründe, die Netflix-Serie zu sehen, ist Jackie Tohn. Die Schauspielerin mit dem Blick, der Stahl schmelzen kann, tanzt gern auf vielen Hochzeiten

von Sarah Thalia Pines  03.11.2025

Slowakei

Neues Leuchten in Trenčín

Eine restaurierte Synagoge wird zum Herzstück der Kulturhauptstadt 2026 – und zum Zeichen jüdischer Erneuerung

von Kilian Kirchgeßner  03.11.2025

USA

Unsicher in New York

Zohran Mamdani ist der mögliche nächste Bürgermeister der Metropole – und für viele Juden ein Problem

von Mark Feldon  30.10.2025