Interview

»Uns verbinden gemeinsame Werte«

Herr Rabbiner, welche Bilanz ziehen sie nach dem Besuch Benedikts XVI. in Ihrer Synagoge?
Wir haben ein Zeichen der Kontinuität gesetzt. Wir haben demonstriert, dass wir den von Johannes Paul II. begonnenen Prozess fortsetzen wollen. Leider wurde der Besuch durch überfüssige Polemik getrübt, die kein günstiges Klima geschaffen hat.

Teilen sie die Auffassung, wonach bei diesem Besuch nicht so sehr die Inhalte als die Atmosphäre ausschlaggebend waren?
Das ist angesichts der Situation nicht wenig. Die Begegnung hat bewiesen, dass es gemeinsame Werte, Grundideen und Überzeugungen gibt, die uns verbinden, für die wir uns einsetzen und für deren Verwirklichung wir gemeinsam kämpfen müssen. Die öffentliche Wahrnehmung hat sich nach unserem Treffen si- cher positiv verändert.

Was war der wichtigste Moment ihrer Begegnung mit Benedikt?
Die intensivsten Momente habe ich nach dem offiziellen Besuch im Privatgespräch mit dem Papst erlebt. Seine persönlichen Anmerkungen zu meiner Rede waren sehr interessant. Ich konnte ihm auch das Problem der jüdischen Kinder nahelegen, die in katholischen Instituten aufgewachsen sind und getauft wurden. Das ist ein ungelöstes Problem, das die jüdische Gemeinde schon Pius XII. vorgetragen hat – ohne Ergebnis.

Der jüdisch-christliche Dialog macht keine Fortschritte mehr. Was könnte ihn wieder in Gang bringen?
Das Klima nach dem Besuch begünstigt sicher Fortschritte. Wir wünschen uns, dass heikle Fragen, die uns betreffen, vor einer Entscheidung mit uns besprochen werden.

Wie könnte die nächste Etappe des Dialogs aussehen?
Wir könnten zum Beispiel ein gemeinsames Dokument zu einem aktuellen Thema verabschieden. Ich habe in meiner Rede etwa die Umwelt erwähnt. Die Achtung vor der Schöpfung gehört zu unseren Gemeinsamkeiten. Das wäre ein nützlicher Schritt in die richtige Richtung.

Der Papst hat eine Stellungnahme zu Pius XII. vermieden, aber darauf hingewiesen, dass bei der Schoa nicht alle Katholiken weggeschaut haben.
Das war nicht die Antwort, die wir uns erwartet haben. Aber es war immerhin eine Antwort, die Türen offen lässt.

Mit dem Oberrabbiner von Rom sprach Gerhard Mumelter.

Warschau

Einschränkung der Wissenschaft

Wie die unabhängige Holocaust-Forschung in Polen zunehmend verzerrt wird

von Gabriele Lesser  05.06.2023

USA

Masel tov, Doktor Ruth!

Amerikas berühmteste Sex-Beraterin Ruth Westheimer wird 95 – und hat noch immer einen dicht getakteten Terminkalender

von Sebastian Moll  03.06.2023

Washington D.C.

Capital Jewish Museum wird eröffnet

Behandelt wird die Geschichte der Juden im Großraum Washington seit dem 18. Jahrhundert

von Imanuel Marcus  02.06.2023

RUMÄNIEN

Zu Gast im Banat

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte die jüdische Gemeinde in Temeswar

von György Polgár  02.06.2023

Nachruf

Die zwei Leben des Thomas Buergenthal

Seine Kindheit endete abrupt, als er nach Auschwitz deportiert wurde. Nun ist der Richter des Internationalen Gerichtshofs im Alter von 89 Jahren gestorben

von Imanuel Marcus  31.05.2023

Frankreich

Die Suche nach den verlorenen Klavieren

Pascale Bernheim spürt geraubte Instrumente jüdischer Familien auf

von Christine Longin  31.05.2023

USA

Neue Strategie gegen Judenhass

Das Weiße Haus hat den Entwurf eines Plans gegen Antisemitismus vorgestellt. Jüdische Organisationen kritisieren das Papier

 30.05.2023

Jubilare

Henry Kissinger: Die Welt wird sehr turbulent werden

Eine besondere Rolle dabei spiele der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. »Heute wissen wir nicht mehr, was die Maschinen wissen«, sagte er

 25.05.2023

Ukraine

Jüdische Gemeinde holt gestohlene Grabsteine zurück

Die Steine aus dem 18. Jahrhundert wurden unlängst auf dem Hof einer Fabrik gefunden

 25.05.2023